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Eine in der Grube Messel gefundene Fledermaus (Palaeochiropteryx tupaiodon).
Senckenberg/Vogel
Allgemein

Messel-See: Todesfalle für Fledermäuse?

Über 500 Fledermaus-Fossilien wurden innerhalb von 42 Jahren im UNESCO-Welterbe Grube Messel entdeckt.

. . .

Eine im Fachjournal „Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments“ erschienene Studie untersucht, ob die hohe Zahl der Fossilien auf eine ungewöhnliche Übersterblichkeit zurückzuführen ist. Die Forschenden diskutieren zwei Hypothesen: den Tod durch giftige Gase oder durch Cyanobakterien im Wasser des Messel-Sees.

Experimente und eine Umfrage zu ertrunkenen Fledermäusen in Swimmingpools deuten jedoch darauf hin, dass die Fledermaus-Sterblichkeit im Messel-See mit der in modernen Schwimmbecken vergleichbar ist.

Hunderte fossile Fledermäuse wurden bereits aus den 47 Millionen Jahre alten Ölschiefern des UNESCO-Welterbes Grube Messel geborgen. „Die überwiegende Mehrheit davon sind vollständige Skelette, der Rest besteht aus isolierten Flügeln oder auch Köpfen,“ erklärt PD Dr. Krister T. Smith vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. „In den meisten Fällen handelt es sich um die Art Palaeochiropteryx tupaiodon, eine kleine Fledermaus, die in wichtigen Punkten mit heute lebenden Fledermäusen zu vergleichen ist“, ergänzt seine Senckenberg-Kollegin Dr. Renate Rabenstein.

Smith, Rabenstein und Prof. Dr. Joy O´Keefe von der University of Illinois Urbana Champaign, USA, gehen in ihrer neuen Studie der Frage nach, ob die zahlreichen Fledermausfossilien auf eine Übersterblichkeit der Tiere am Messel-See hinweisen und welche Gründe für diese vorliegen könnten.

„Aktuell gibt es zwei Hypothesen zur Erklärung, wie es zu den vielen Fossilien in den Messel-Gesteinsschichten kam: Das Einatmen giftiger Gase wie Kohlendioxid, die über dem See schwebten und zur Betäubung mit anschließendem Ertrinken der Tiere führte, und alternativ das Trinken von Oberflächenwasser, das mit den Giften von Cyanobakterien kontaminiert war und daher zum Tod führte.

Beide Annahmen implizieren eine viel höhere Sterblichkeit als sie für Unfalltode, beispielsweise nur durch Ertrinken, angenommen wird“, erläutert Smith.

Um die bisherigen Theorien zu überprüfen, stellten sich die Forschenden folgende Fragen: Wie hoch ist die natürliche Sterberate für Fledermäuse in einem kleinen Gewässer? Ist es erwartbar, dass ertrunkene Fledermäuse als ganze Skelette überliefert werden? Und wurden mehr Fledermaus-Skelette in Messel gefunden, als anhand der ersten zwei Ergebnisse zu erwarten wäre?

Um Antworten zu erhalten, verfolgten die Forscher*innen eine ungewöhnliche Reihe von Ansätzen.

Um die natürliche Sterberate bei Fledermäusen zu ermitteln, nahmen sie Schwimmbecken von Privathäusern ins Visier. Auf der Grundlage von vereinzelten Berichten zu Fledermäusen, die in den Swimmingpools ertrunken waren, entwickelten sie eine Online-Umfrage mit 29 Fragen, die sich an Swimmingpool-Besitzer*innen in den USA richtete. 

Anhand von 496 Fragebögen konnten die Wissenschaftler*innen ableiten, dass Fledermäuse dort regelmäßig in Swimmingpools ertrinken.

„Man beobachtet schon länger, dass Faktoren wie Wasserknappheit dazu führen, dass Fledermäuse Schwimmbecken als Wasserquellen aufsuchen. Es ist möglich, dass bestimmte Eigenschaften von Pools eher zum Ertrinken von Fledermäusen führen, wenn diese ins Wasser geraten,“ erläutert Dr. O’Keefe.

 Der höchste ermittelte Wert von toten Fledermäusen lag bei 14 Tieren jährlich. „Natürlich kann der Messel-See nicht direkt mit privaten Pools gleichgesetzt werden: Er war viel größer, es gab während des Treibhausklimas im Eozän schwere Unwetter und der See war – anders als einige Schwimmbecken – ganzjährig verfügbar. Mit anderen Worten: Wir gehen davon aus, dass diese Faktoren sogar eine noch höhere Sterblichkeit bei Fledermäusen, die den See zum Trinken aufsuchten, verursachen konnten“, ergänzt Smith.

Um eine jährliche Rate für die Entstehung von Fledermausfossilien in Messel abzuschätzen, erfasste das Team alle bisherigen Fossilfunde von Fledermäusen und führte Experimente mit – zuvor im Frankfurter Zoo verstorbenen – rezenten Fledermäusen durch, um deren Ertrinken und Versinken zu simulieren.

 Die dafür verwendeten 46 toten Fledermäuse mit Flügelspannweiten von 300 Millimetern sind gut mit den am häufigsten auftretenden Messel-Fledermäusen vergleichbar.

„Wir wollten mit dieser Methode nachvollziehen, wie schnell Fledermauskadaver sinken und wie viele von den ertrunkenen Fledermäusen daher tatsächlich als Skelette am Seeboden erhalten bleiben können“, so Rabenstein. 

Die Experimente zeigen, dass Kadaver mit wassergefüllten Lungen dazu neigen, schneller abzusinken als solche mit luftgefüllten Lungen. Alle Tierleichen, die zunächst in flachem Wasser absanken, blähten sich anschließend auf und trieben oberflächennah, bis sie innerhalb von Tagen bis Wochen zerfielen und endgültig absanken.

„Der Messeler See muss also eine ordentliche Tiefe gehabt haben, sonst würden wir nur noch zerfallene Skelette vorfinden,“ fügt Smith hinzu.

Smith fasst zusammen: „Wenn wir alle unsere Ergebnisse verbinden, zeigt sich, dass die jährliche Fledermaussterblichkeit am Messeler See in der gleichen Größenordnung wie die Sterblichkeit in modernen Swimmingpools liegt. Unsere quantitativen Analysen liefern keine Hinweise darauf, dass die Fledermaussterblichkeit in Messel über ein ‚normales‘ Unfall-Niveau hinausgeht – der Messel-See kann demnach nicht als ‚Todesfalle‘ für die fliegenden Säuger oder andere Tiere bezeichnet werden.“

Publikation

Krister T. Smith, Renate Rabenstein & Joy O’Keefe (2024): Was Palaeolake Messel a death‑trap? Insight from modern bat drownings and decay experiments . Palaeobiodiversity and Palaeoenvironments

. . .

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