Mit Drohnen Wildschweinschäden schätzen

(12.12.2017) In den letzten Jahrzehnten richteten ständig wachsende Populationen von Wildschweinen immer größere landwirtschaftliche Schäden an, woraufhin Entschädigungen in Höhe von hunderttausenden Euro gezahlt werden mussten.

Eine neue drohnenbasierte Methode erlaubt nun eine schnelle, standardisierte und objektive Schätzung von Ernteschäden.

Anneleen Rutten, Doktorandin der Universität von Antwerpen und des Brüsseler Forschungsinstituts für Natur und Wald (INBO), wird diese Woche die Methode bei der Konferenz ‚Ecology Across Borders‘ in Gent, Belgien, vorstellen.


Zusammengesetztes Bild eines beschädigten Maisfelds. In Rot dargestellt sind die von einem Algorithmus erkannten Schäden.

Sie verwendet eine handelsübliche Drohne um Luftaufnahmen von umgegrabenen Feldern zu machen, die dann mit einem Algorithmus analysiert werden der Flächen mit Schäden erkennt.

Wachsende Zahlen von Wildschweinen (Sus scrofa L.) wurden mit höheren Schäden an Feldfrüchten, gesteigerten Übertragungsraten von Krankheiten und einer steigenden Anzahl von Autounfällen in Verbindung gebracht.

In Flandern waren Wildschweine fast 50 Jahre lang ausgestorben, bevor sie 2006 zurückkehrten.

Auf Jagdstrecken basierende Schätzungen zeigen eine wachsende Population deren Verbreitungsgebiet sich weiterhin ausdehnt, von der östlichen Provinz Limburg in Richtung Antwerpen und Flämisch-Brabant in die Mitte der Flämischen Region.

Die Struktur der flämischen Landschaft hat sich in den Jahren der Abwesenheit der Wildschweine geändert, sie ist nun ein dichtes Mosaik aus Landwirtschaft, natürlichen und städtischen Flächen. Daher kam es in den letzten Jahren zu zahlreichen Konflikten zwischen Menschen und Wildtieren.

“Ich möchte einen ersten Einblick in die Ausmaße der durch Wildschweine in Flandern verursachten Schäden bekommen, denn anders als in benachbarten Regionen und Ländern werden diese Schäden bisher nicht erfasst, und es ist nicht bekannt wie groß der finanzielle Schaden für die Landwirtschaftsbranche ist“ sagt Anneleen Rutten.

Die Methode wurde so entwickelt, dass sie kostengünstig und zugleich leicht anwendbar ist. „Ich schließe mein Smartphone an die Fernsteuerung an und kann so die Kameraaufnahmen der Drohne sehen.

Die Schäden sind auf der Kamera deutlich zu sehen: In Maisfeldern drücken die Wildschweine den Mais nieder, wodurch in eigentlich grünen Feldern plötzlich Löcher mit geknickten Stängeln auftauchen.

Auf Wiesen verursacht das Umwühlen einen deutlichen Farbkontrast zum Gras da hier die Erde aufgebrochen wird“, erklärt Rutten.

Für jedes Feld werden viele Einzelaufnahmen mit 75-85% Überschneidung gemacht. Die hohe Überschneidung ermöglicht es, die Einzelaufnahmen zu einem perspektivfreien Gesamtbild zu vereinen.

Die Fläche des Feldes wird dann mit Hilfe von objektbasierter Bildanalyse (OBIA) in beschädigte und unbeschädigte Gebiete eingeteilt. Der Algorithmus erreicht bei Maisfeldern 93% Genauigkeit, und bei Wiesen 94% Genauigkeit.

Traditionell werden Wildschäden von speziell ausgebildeten Experten geschätzt, die die betroffenen Flächen im Feld ausmessen. „Fliegen und Aufnahmen von zerstörten Feldern zu machen dauert nicht so lange wie eine Untersuchung am Boden, wodurch die Methode kostengünstig wird“ fügt Rutten hinzu.

Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Methode standardisiert ist, wodurch direkte Vergleiche zwischen verschiedenen Feldern und zu unterschiedlichen Zeiten möglich sind.

Anneleen Rutten wird ihre Arbeit am Dienstag, 12. Dezember 2017, auf der Konferenz ‚Ecology Across Borders‘ vorstellen.

Die diesjährige Jahrestagung wird gemeinsam von der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ), der British Ecological Society (BES), der Nederlands-Vlaamse vereniging voor ecologie (NecoV) und der European Ecological Federation (EEF) ausgerichtet.

Auf der Tagung treffen 1500 Ökologen und Ökologinnen aus etwa 60 Ländern aufeinander um gemeinsam die neuesten Fortschritte in allen Disziplinen der ökologischen Wissenschaft zu diskutieren.




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