Cortisol-Werte in Haarproben veraten, ob Wildtiere gestresst waren

(17.09.2019) Wissenschaftler um Alexandre Azevedo und Katarina Jewgenow vom Leibniz-IZW wiesen nun bei wildlebenden Mangusten in Portugal den Einbau des „Stress“-Hormons Cortisol in Haaren nach und bestimmten Normalwerte für Cortisol bei diesen kleinen Raubtieren.

Alter, Geschlecht und Lagerzeit der Proben spiegelten sich in den Cortisolwerten wider, nicht jedoch Jahreszeit oder Reproduktionsstatus der Weibchen.

Jetzt kann untersucht werden, ob verschiedene Lebensräume und veränderte Lebensumstände, etwa die Rückkehr der Iberischen Luchse als Nahrungskonkurrenten, die Mangusten in besonderer Weise belasten.

Die Ergebnisse wurden kürzlich in der wissenschaftlichen Zeitschrift „PLoS ONE“ publiziert.


Mangust (Herpestes ichneumon)

Natürliche Feinde, Nahrungskonkurrenten, aber auch Lichtverschmutzung, Lärm oder Straßenverkehr belasten Wildtiere. Über Hormone wie das Cortisol lässt sich ihr Stresspegel im Blut prinzipiell nachweisen. „Doch allein das Einfangen der Tiere und die Blutabnahme erzeugt erheblichen Stress.

Zudem erhalten wir über das Blut ohnehin nur eine Momentaufnahme“, sagt Prof. Katarina Jewgenow, Leiterin der Abteilung Reproduktionsbiologie am Leibniz-IZW. Auch im Kot lassen sich die Abbauprodukte des Cortisol nachweisen, mit einem Zeitfenster für den Rückblick auf die vergangenen 24 bis 48 Stunden.

Als Langzeitarchiv für Belastungen, wie sie über den Cortisolpegel abgebildet werden, eignet sich nur ein Material: Tierhaare.

Im Rahmen seiner Dissertation untersuchte Leibniz-IZW Doktorand Alexandre Azevedo 294 Haarproben von ägyptischen Mangusten (Herpestes ichneumon) aus sieben Distrikten Portugals, wo die kleinen Raubtiere als eingewanderte „invasive“ Art bejagt werden.

Die Haarabschnitte erlegter Mangusten wurden zunächst mit Alkohol gereinigt, pulverisiert und mit Methanol extrahiert.

Die HPLC-Analyse der Extrakte aller Proben bestätigte, dass Cortisol im Haar der Mangusten während des Wachstums eingebaut wird. Nun konnten die WissenschaftlerInnen untersuchen, ob es auch als Biomarker für Belastungen („Stress“) geeignet ist.

Die ägyptische Manguste, zur Pharaonenzeit als heiliges Tier verehrt und deshalb auch „Pharaonenratte“ genannt, ist heute in Portugal weit verbreitet, weil sie dort über lange Zeit keine Nahrungskonkurrenten hatte.

„Konkreter Anlass für unsere Studie ist die Wiederauswilderung des iberischen Luchses in Portugal“, erklärt Jewgenow.

„Seine bevorzugten Beutetiere sind Kaninchen. Damit wird er jetzt zum direkten Nahrungskonkurrenten der Manguste. Die IZW-Forscher wollen in einer weiteren Studie nun untersuchen, inwieweit dies die Mangustenpopulationen unter Stress setzt. Nur fehlte es bislang an einer geeigneten Methode.“

Die Raubtierfamilie der Mangusten stammt ursprünglich aus Afrika, wo sie in trockenen Busch- und Grassavannen südlich der Sahara leben. Kleine Populationen verteilten sich entlang des Nils bis hin zum Mittelmeer.

Von den 34 bekannten Arten sind 17 Arten reine Insektenfresser. Die ägyptische Manguste gehört zu den größten Mangustenarten und ist ein ausgesprochener Fleischliebhaber: Kaninchen sind ihre Hauptbeute, aber auch Mäuse, Echsen, Frösche und Würmer stehen auf dem Speiseplan. Außerdem gehört sie zu den Mangustenarten, die es sogar mit Schlangen aufnehmen.

Deshalb wurden mehrere Mangustenarten, darunter auch die ägyptische Manguste, in verschiedenen Ländern zur „Schädlings“bekämpfung eingeführt. Ob sie deswegen bereits in der Antike nach Portugal und Spanien gebracht wurde, ist umstritten.


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