VET-MAGAZIN logo
Wie Landnutzungssysteme die Amphibienvielfalt beeinflussen
L. Aceros
Neonikotinoide bedrohen Biodiversität stärker als gedacht
Jan Erik Sedlmeier/Universität Hohenheim
Die Pazifische Auster könnte die Ostsee besiedeln
Youk Greeve
Die Pazifische Auster könnte die Ostsee…
Das Gehirn der Honigbiene erkunden
Jerome Beetz/Universität Würzburg
Das Gehirn der Honigbiene erkunden
Studie widerspricht umstrittener These zur Lebensraumfragmentierung
Wolkenkratzer via Wikimedia Commons
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Tessa Frank/Deutsches Primatenzentrum GmbH
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Wie Zebrafische Herzmuskelzellen regenerieren
Elvira Eberhardt/Uni Ulm
Lebensräume für Fischnachwuchs am Niederrhein
Michel Roggo
Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii)
Christian Giese
Allgemein

Künstliches Licht und Baumbestand beeinflussen die Aktivität von Fledermäusen in der Stadt

Künstliches Licht gilt zurecht als bedeutende kulturelle, soziale und wirtschaftliche Errungenschaft. Zugleich wird dem künstlichen Licht ein negativer Einfluss auf die Tierwelt nachgesagt, insbesondere auf nachtaktive Tiere in Großstädten.

. . .

Wie die Tiere auf das Licht reagieren, hängt maßgeblich von der Tierart, der Jahreszeit und dem Typ der verwendeten Beleuchtung ab.

Eine neue Studie unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) hat nun untersucht, welchen Effekt Straßenbeleuchtung, die ultraviolettes Licht (UV) ausstrahlt, und jene, deren Licht keinen UV-Anteil aufweist, auf die Aktivität von Fledermäusen in Berlin hat und ob eine hohe Baumdichte eventuelle negative Folgen des Lichts abmildern kann.

Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Frontiers in Ecology and Evolution “ publiziert.

Das natürliche Licht der Sonne bestimmt den Tagesablauf für alles Leben auf der Erde. Über Millionen Jahre haben sich Tier- und Pflanzenwelt, aber auch der Mensch, an diesen Rhythmus angepasst. Die Erfindung und Nutzung künstlicher Beleuchtung erlaubte den Menschen – ursprünglich tagaktive Lebewesen – die Ausweitung ihrer Aktivitätsspanne bis weit in die Nacht hinein.

Nachtaktive Tierarten wie beispielsweise Fledermäuse könnten jedoch in ihrer Aktivität durch künstliches Licht eingeschränkt werden, da sie Tiere der Nacht sind.

Die Ergebnisse einer Studie des Leibniz-IZW zeigen auf, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Lichtverschmutzung und der Aktivität der nachaktiven Flattertiere sind.

„Wir konnten eine höhere Aktivität von zwei Arten von Zwergfledermäusen (Gattung Pipistrellus) in der Nähe von Straßenlaternen feststellen, die Licht mit UV-Anteil emittieren“, erklärt Tanja Straka, Wissenschaftlerin in der Abteilung Evolutionäre Ökologie des Leibniz-IZW und Erstautorin der Studie.

„Diese Arten ernähren sich von Insekten, welche von Straßenbeleuchtung mit UV-Anteil angezogen werden“, deutet Straka diese positive Reaktion der Fledermäuse auf künstliches Licht. „Alle anderen Arten, die wir in Berlin untersucht haben, waren jedoch in der Nähe von Straßenlaternen deutlich weniger aktiv – egal ob mit UV-Anteil oder ohne“, so Straka.

Neu an der Studie ist, dass die WissenschaftlerInnen die Reaktionen von Fledermäusen auf Licht in Zusammenhang mit dem Baumbestand analysierten. Bäume sind von großer Bedeutung für Fledermäuse, sie bieten einerseits Rückzugsräume am Tage und könnten anderseits auch nachts für eine Eingrenzung stark beleuchteter Gebieten sorgen.

„Unser Ziel war es herauszufinden, ob und wie der Baumbestand die Reaktion der Fledermäuse auf das künstliche Licht beeinflussen“, sagt Straka.

Die Ergebnisse sind komplexer als vermutet. Das Team konnte nachweisen, dass die Anwesenheit eines dichten Baumbestandes nahe von Lichtquellen die Reaktionen der Fledermäuse auf das Licht verstärken. Beispielsweise zeigte eine der beiden Pipistrellus-Arten eine noch stärkere Aktivität in der Nähe von UV-haltigen Lichtquellen, wenn viele Bäume in der Nähe standen.

Möglicherweise locken die Straßenlaternen in vegetationsreichen Gebieten noch mehr Insekten an, die von den Fledermäusen verzehrt werden. Gegenteilige Effekte wurden ebenfalls intensiviert: Mausohrfledermäuse (Gattung Myotis) bevorzugen dichte Baumbestände und sind generell lichtscheu.

Sobald sich Straßenlaternen – egal ob mit oder ohne UV-Anteil – in der Nähe dichter Baumbestände befanden, wurden noch weniger Mausohren festgestellt/erfasst.

Das Team fand allerdings auch einen abschwächenden Effekt von Licht auf Fledermäuse durch Baumbestände. Fledermäuse, die bevorzugt im offenen Luftraum fliegen und jagen, waren in Gebieten mit viel LED-Straßenlaternen aktiver, wenn das Streulicht der Straßenlaternen von dichten Baumkronen eingegrenzt wurde.

„LED-Leuchten ziehen keine großen Mengen von Insekten an und sind daher nicht attraktiv als Nahrungsgebiet für Fledermäuse. Die Baumabdeckung scheint das Streulicht abzufangen, so dass hochfliegende Fledermäuse im Schatten des Baumdaches fliegen können“, interpretiert Straka die Ergebnisse.

Diese Forschungsergebnisse basieren auf der Auswertung von über 11.000 Fledermausrufen, die über einen Zeitraum von drei Monaten an 22 Stellen in Berlin aufgezeichnet wurden.

Die Rufe wurden einzelnen Arten zugeordnet. Dadurch konnten die WissenschaftlerInnen die Aktivität bestimmter Arten an jedem Untersuchungsgebiet bestimmen.

Diese Daten setzten sie in Bezug zu kleinteiligen Informationen zum Baumbestand und mit detaillierten Daten zur Lichtverschmutzung, die auf Satellitenbildern basierten. Zusätzlich nahmen die WissenschaftlerInnen die exakten Standorte von Straßenlaternen und deren UV-Licht-Emission auf und konnten dadurch die lokale Lichtverschmutzung noch genauer abbilden.

„Uns hat die Studie gezeigt, wie komplex die Zusammenhänge zwischen künstlichem Licht und Vegetation sind. Es zeigen sich große Unterschiede in dem Verhalten bestimmter Spezies, doch insgesamt hat sich der negative Effekt von künstlicher Beleuchtung in der Nacht für Fledermäuse durch unsere Studie bestätigt“, fasst Abteilungsleiter Christian Voigt zusammen.

„Bäume sind für in der Stadt lebende Fledermäuse sehr wichtig, nicht nur als Rückzugsorte sondern auch als Nahrungsmittelquelle, weil dort viele Insekten leben.

Zudem erwarten wir auch für jene Arten, die opportunistisch an Straßenlaternen nach Insekten jagen, auf lange Sicht negative Effekte – die Lampen ziehen die Insekten zwar an, dezimieren insgesamt aber deren Gesamtzahl, wenn sie bis zur Erschöpfung um die Lampen kreisen oder von Fressfeinden verzehrt werden.“

Die WissenschaftlerInnen empfehlen, dass baumreiche Gebiete nur sparsam beleuchtet und in stark beleuchteten Gebieten Bäume als Ausgleich gepflanzt werden sollten.

Dies könnte ein substanzieller Beitrag zum Schutz von in Städten lebenden Fledermäusen und möglicher anderer nachaktiver Tiere sein und somit mehr Natur in unsere Städte bringen.

Ein Foto einer Rauhautfledermaus finden Sie im Anhang (Copyright: Christian Giese).

Publikation

Straka TM, Wolf M, Gras P, Buchholz S, Voigt CC (2019)

Tree cover mediates the effect of artificial light on urban bats.

Frontiers in Ecology and Evolution

. . .

Weitere Meldungen

Neuigkeiten aus der Wissenschaft

Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit. Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel

Die Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum Wien ist von 19. März bis 15. Juni 2025 im Saal 21 zu sehen

Rinderzucht Austria-Seminar zum Thema '30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht'
ZuchtData/Steininger

Rinderzucht Austria-Seminar zum Thema „30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht“

Damals ein Meilenstein, heute eine Selbstverständlichkeit, morgen noch modern? Das diesjährige Rinderzucht Austria-Seminar stand ganz im Zeichen der Nutzungsdauer

Hautplatte des Alligators aus Hernals
NHM Wien, Alice Schumacher

Die Alligatoren von Hernals – das jüngste Krokodil-Fossil Mitteleuropas

Die Sammlungen des Naturhistorischen Museums sind großartige Archive der Natur. Allein die Geologisch-Paläontologische Abteilung bewahrt mehr als 5,6 Millionen Objekte

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz
Rinderdatenverbund RDV, Grafik: RINDERZUCHT AUSTRIA/Kalcher

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz

Der Trend zur Automatisierung in der Milchwirtschaft setzt sich ungebremst fort. Immer mehr Betriebe in Österreich setzen auf Automatische Melksysteme (AMS), um Effizienz und Tierkomfort zu steigern

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar, die das Naturhistorische Museums Wien mitgestaltet haben - herausgegeben von Stefanie Jovanovic-Kruspel, Brigitta Schmid und Andrea Krapf

Luchsdame Elli
Alpenzoo

Luchsdame Elli übersiedelte aus dem Alpenzoo Innsbruck in den Wildnispark Zürich

Die Luchsdame Elli hat Innsbruck am 4. März 2025 im Zuge des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) verlassen und ist nach Zürich gezogen

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

Die 34. Ausgabe der HUNDERUNDEN, dem Fachmagazin für Tierärzt:innen, ist am Aschermittwoch 2025 erschienen.

Tierpfleger Niklas Hörper mit den Mähnenrobben
Daniel Zupanc

Inventur im Tiergarten Schönbrunn: 6.043 Tiere aus 518 Arten und Haustierrassen

Von den wendigen Mähnenrobben bis zu den gemächlichen Afrikanischen Schnabelbrustschildkröten - im Tiergarten Schönbrunn wurde wieder gezählt.

Deutsche Wildtier Stiftung

Backstagetour bei Cavalluna Grand Moments: Einblicke in Tierwohl und Tierschutz

Die europaweit tourende Pferdeshow Cavalluna fasziniert mit beeindruckenden Darbietungen, präziser Freiheitsdressur und kunstvollen Reitvorführungen. Doch was geschieht hinter den Kulissen?

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Röntgen Hund und Katze: Thorax und Abdomen
Röntgen Hund und Katze: Thorax und…
(21. Mär 2025) Röntgenbilder sicher befunden Gebundene Ausgabe - herausgegeben von…
Queer: Sex und Geschlecht in der…
(13. Mär 2025) Josh L. Davis ist ist Mitarbeiter des Natural…
13 Frauen. Aus der Geschichte des…
(07. Mär 2025) Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar…
Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(28. Feb 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…
Der Erfindergeist der Tiere
(17. Feb 2025) Werkzeuge, Ideen und Innovationen. Faszinierende Einblicke in tierische…
Meine Patienten laufen Trab
(11. Feb 2025) Unterwegs als Pferdeärztin auf dem Land - von…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

EVECC-Kongress 2025
EVECC-Kongress 2025
(01. Mär 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…
7. Kroatischer Veterinärkongress 2024
(22. Jul 2024) Der diesjährige Kroatische Veterinärkongress wird vom 24. bis…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
(19. Mär 2025) Die Tiermedizin kennt keine Grenzen und FECAVA und…
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(06. Mär 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(03. Mär 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(07. Feb 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…