Windenergie und Vogelschutz mit moderner Technik verbinden

(10.06.2022) Rotmilan, Seeadler & Co. sind potenziell gefährdet, mit Windenergieanlagen zu kollidieren. Ob und wie Kameras und Radaranlagen dabei helfen können, diese kollisionsgefährdeten Vogelarten zu schützen, untersuchen jetzt die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) und das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) im Landkreis Uckermark (Brandenburg).

Die für das Forschungsprojekt als Beispielregion genutzte Uckermark ist Lebensraum zahlreicher, besonders geschützter Vögel, darunter Milane, Weißstörche, Wanderfalken, Bussarde, See- und Fischadler. Sie alle zählen zu den Greif- und Großvogelarten, die durch Kollisionen mit Windenergieanlagen besonders gefährdet sind.

Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde Damit die Ziele der brandenburgischen Energiestrategie erreicht werden können, ist der Ausbau der Windenergie in mindestens zwei Prozent der Landesfläche notwendig.

Ein effektiver Schutz der Groß- und Greifvögel und die Nutzung von Windenergieanlagen müssen also vereint werden. Eine Lösung dafür könnten Antikollisionssysteme sein, da diese die Windenergieanlage bei Annäherung eines Vogels abschalten.

HNEE und KNE erproben jetzt – mit Hilfe einer virtuell simulierten Windenergieanlage – zwei Antikollisionssysteme in der abwechslungsreichen und vielfältigen Landschaft der Uckermark. Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Systeme werden in diesen Landstrichen erstmals empirisch untersucht und erlauben damit Rückschlüsse auf spätere Einsätze im ganzen Bundesland.

Prof. Dr. Jan-Peter Mund erklärt die Funktionsweise der Systeme: „Wird ein Vogel erfasst und dann als kollisionsgefährdete Art erkannt, sendet das System ein Abschaltsignal an die Windenergieanlage.

Die Anlage wird abgeschaltet und geht in den Trudelmodus über. Eine Kollision des Vogels mit der Windenergieanlage kann so verhindert werden.“

Antikollisionssysteme arbeiten mit modernster Technik und erfassen im 360-Grad-Radius per Kamera oder Radar automatisch alle Flugobjekte. Sie kommen – mit anderen Maßgaben – bereits im Ausland zum Einsatz und werden derzeit auch an einigen anderen Standorten in Deutschland erprobt.

Antikollisionssysteme können signifikant erhöhte Tötungsrisiken von windenergiesensiblen Vogelarten senken. Eine hohe Wirksamkeit der Systeme ist jedoch nur bei ausreichender Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit wahrscheinlich, die durch Erprobungen nach fachwissenschaftlichen Maßstäben nachgewiesen werden müssen. Auch gilt es, den Kenntnisstand über Leistungsfähigkeit und die standörtliche Eignung einzelner Systeme zu konkretisieren.

„Wichtig ist, die Systeme jeweils an konkreten und repräsentativen Standorten zu erproben,“ betont Prof. Dr. Siegfried Rieger. „Die Erprobung in der Uckermark ist für den späteren Einsatz im Bundesland daher unverzichtbar.“

Brandenburger Energieziele

Durch den strengen Schutz für Greif- und Großvogelarten dürfen potenzielle Windeignungsgebiete in Brandenburg oft nicht erschlossen bzw. nur teilweise genutzt werden. Das wiederum führt zu Schwierigkeiten, die Ziele der brandenburgischen Energiestrategie umzusetzen.

In Brandenburg sollen zwei Prozent der Landesfläche für die Windenergie erschlossen und die aktuell installierten 7,5 Gigawatt an Windenergiekapazitäten sollen bis 2030 auf 10,5 Gigawatt ausgebaut werden.

Es ist geplant, dass bis 2050 die Energiebedarfe von Brandenburg und Berlin komplett aus erneuerbaren Energien gedeckt werden können.

Bis Oktober sind die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der HNEE und des KNE vor Ort im Einsatz. Die dann gewonnenen Erkenntnisse aus dem Forschungsvorhaben sollen als Diskussionsgrundlage für den Dialog mit Entscheidungsträgern des Landes Brandenburg dienen.


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