Vogelwilderei in Ägypten ist Millionengeschäft

(16.05.2016) BirdLife-Studie bestätigt erschreckendes Ausmaß des illegalen Vogelfangs - Monitoring-Programm gestartet

Der illegale Zugvogelfang an Ägyptens Mittelmeerküste bleibt ein einträgliches Geschäft und ein ernstes Problem für den Zugvogelschutz. Zum Weltzugvogeltag am 10. Mai 2016 stellte der NABU die Ergebnisse von Untersuchungen zum Ausmaß und den Ursachen des Fangs von Zugvögeln in Ägypten vor.

Nach einer sozio-ökonomischen Studie im Auftrag der NABU-Dachorganisation BirdLife International ist davon auszugehen, dass während des Herbstzugs von Mitte August bis Ende Oktober etwa zwölf Millionen Zugvögel in Netzen entlang der Mittelmeerküste gefangen werden, die einem Handelswert von etwa 40 Millionen Euro entsprechen.

Im Rahmen der Studie wurden 73 Vogeljäger vor Ort interviewt. Demnach betreiben etwa 2000 Familien diesen Vogelfang. Nur etwa sieben Prozent der Jäger fangen Vögel hauptsächlich für den eigenen Nahrungserwerb. Für über 60 Prozent aller Vogelfängerhaushalte stellt der Verkauf der gefangenen Vögel die wichtigste Einkommensquelle dar.

„Etwa drei Viertel der gefangenen Vögel werden auch nach ägyptischem Recht illegal gewildert. Zudem hat Ägypten auch die internationalen Naturschutzkonventionen unterzeichnet, die den Netzfang von Vögeln grundsätzlich verbieten, da Netze neben den jagdbaren Arten genauso geschützte und bedrohte Vogelarten fangen. Besonders betroffen sind Wachteln, Turteltauben, Wachtelkönige, Ziegenmelker, Pirole oder Neuntöter“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Es sei zu beobachten, dass das Ausmaß des seit der Antike traditionell durchgeführten Vogelfangs an der ägyptischen Mittelmeerküste in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe.

„Eine wichtige Rolle dabei spielt, dass diese Vögel als Delikatesse gelten und neuerdings auch in die reichen Golfstaaten verkauft werden, wodurch Nachfrage und Preise deutlich gestiegen sind, und mit ihnen die Zahl der Vogelfänger.

Diese nutzen zudem immer effektivere Fangtechniken, wie das Anlocken von Vögeln durch das Abspielen ihrer Rufe von MP3-Playern“, so Miller.

2013 wurde das gewaltige Ausmaß des ägyptischen Vogelfangs in Deutschland bekannt. Auf einer Strecke von über 700 Kilometern entlang der gesamten ägyptischen Mittelmeerküste – vom Gaza-Streifen im Osten bis zur libyschen Grenze im Westen – versperren Fangnetze Millionen von Zugvögeln den Weg in ihre Überwinterungsgebiete und zurück.

Damit ist Ägypten das Land mit der größten Zahl getöteter Zugvögel im gesamten Mittelmeerraum.

Der NABU hatte aus diesem Anlass 115.000 Unterschriften für eine Petition gegen den Vogelfang in Ägypten gesammelt und an den ägyptischen Botschafter in Berlin übergeben.

Daraufhin wurde mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums unter dem Dach des Afrikanisch-Eurasischen Wasservogelabkommens (AEWA) – eines Unterabkommens der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS) – ein Internationaler Aktionsplan für den Kampf gegen den Vogelfang in Ägypten beschlossen, der auch von der Regierung Ägyptens mitgetragen wird.

Gemeinsam mit seiner Dachorganisation BirdLife International unterstützt der NABU die nationale BirdLife-Partnerorganisation „Nature Conservation Egypt“ (NCE) und das ägyptische Umweltministerium nun bei der Umsetzung dieses Plans.

Neben der Analyse der Rechtslage wurde ein Monitoring-Programm zur Feststellung der Zahl der Vogelfangnetze eingerichtet sowie die Studie vor Ort in Auftrag gegeben. Die jetzt vorgelegten Ergebnisse liefern wichtige Anhaltspunkte für die notwendigen Gegenmaßnahmen.

Dazu gehört neben der verbesserten Durchsetzung bestehender Jagdregeln laut Studie eine Kontrolle des internationalen Handels und das Anbieten wirtschaftlicher Alternativen für die Vogelfängerfamilien sowie Informationskampagnen zu den ökologischen Auswirkungen des Vogelfangs gerade bei der jungen Bevölkerung.

Auf Einladung des ägyptischen Umweltministeriums wird eine internationale Arbeitsgruppe im Juli in Kairo die nächsten Schritte zur Umsetzung des Aktionsplans diskutieren.

Fast ausnahmslos haben alle Vogelfänger in den vergangenen Jahren einen deutlichen Rückgang der Zugvögel festgestellt. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Analyse der Bestandsveränderungen deutscher Brutvogelarten: Von zehn Vogelarten, die von Deutschland über Ägypten nach Südostafrika ziehen, zeigt nach den Daten des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) keine einen abnehmenden Bestandstrend über die vergangenen 25 Jahre.

Betrachtet man aber nur die Trends der letzten zwölf Jahre, nehmen gleich sechs der zehn Arten ab. Weitere Analysen können nun zeigen, welche Rolle der in den letzten Jahren zunehmende Vogelfang bei diesen dramatischen Bestandsveränderungen spielt.

Die Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS) begeht den Weltzugvogeltag seit 2006, um auf die Einzigartigkeit des Vogelzugs und die besonderen Gefahren aufmerksam zu machen, die Zugvögel auf ihren jährlichen Wanderungen überwinden müssen. In diesem Jahr steht besonders das illegale Fangen und Töten von Zugvögeln im Fokus des Weltzugvogeltags.



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