Landwirte suchen nach Lösungen für Tierschutz, Tierwohl und artgerechte Tierhaltung

(19.01.2012) Tierschutz, Tierwohl und artgerechte Tierhaltung sind Themen, die die landwirtschaftliche Praxis diskutiert und für die sie selbst nach Lösungen sucht.

Auf der DLG-Wintertagung in Münster erinnerte Professor Dr. Thomas Blaha von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover an die Entwicklung der Tierhaltung und den Gedanken des Tierschutzes.

Lange war es gesellschaftlicher Konsens, dass die Landwirtschaft mit großen Beständen Lebensmittel preiswert für alle bereitstellt. "Die Intensivierung war eine unreflektierte Selbstverständlichkeit geworden". Der Tierschutzgedanke folgte dabei dem Pathozentrismus, also der Vermeidung von Tierleid.

Der moderne Begriff des "Tierwohls" hingegen sieht das Nutztier in seiner ursprünglichen und instinktgeführten Verhaltensweise. Das frühe Ausmerzen von Kühen, Schnäbel kürzen oder Schwänze kupieren passen dazu nicht.

Die Praxis sucht nach Lösungen, um den Gedanken des Tierwohls umzusetzen. So experimentiert Dietrich Pritschau auf seinem Betrieb mit 450 Sauen in Westerrade in Schleswig-Holstein seit zwei Jahren mit Ferkeln, denen er den Ringelschwanz lässt.

Aktuell hat er zwei Gruppen mit jeweils 650 Ferkeln, die er nicht kupiert. Er experimentiert auch mit den "Begleitfaktoren", die Schwanzbeißen verhindern könnten.

Mit vier Wochen lässt er die Ferkel eine Woche länger säugen und fügt dem Futter Magnesium und Viehsalz zu. Wichtig scheinen auch Parasitenbekämpfung und das Angebot von Beschäftigungsmaterial zu sein.

Sind die Ringelschwänze mit ihrem charakteristischen Puschel am Ende ausgebildet, dann sind sie für andere Ferkel auch nicht mehr leicht zu greifen. "Wir Bauern sind Tüftler", so Pritschau und fordert alle Schweinehalter auf, stalleigene Lösungen zu finden.

Die Universität Kiel begleitet das Projekt wissenschaftlich.

Graduelle Lösungen führen auch zu partiellem Erfolg gegen das Schnabelkürzen beim Geflügel.

Professor Dr. Werner Bessei, Fachgebietsleiter Nutztierethologie und Kleintierzucht an der Universität Hohenheim, führte eine ganze Palette an Möglichkeiten auf. In Kleinbeständen werden Ringe durch den Schnabel gezogen, in großen Beständen wird überwiegend mit Alternativangeboten wie Graskörben oder Lichtmanagement gearbeitet.

Auch das Vergällen des Federkleids hilft - zumindest zeitweise. Eine Reduzierung des Lichts auf weniger als fünf Lux sei unter artgerechter Tierhaltung jedoch fragwürdig. Zielführend nach Professor Bessei ist hingegen die Zucht.

Die Selektion auf geringes Federpicken ist mittlerweile stabil. In zwei bis drei Jahren sollen Ergebnisse praxisreif sein. Bis dahin sei die Infrarot-Methode zur Kürzung der Schnabelspitzen eine gute Übergangslösung.

Roland Krieg, aid.de



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