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Thibaud Gruber studiert das Verhalten von Affen in ihrer natürlichen Umgebung in Uganda

Woher kommt der Mensch und was macht ihn einzigartig? Diese Fragen versucht Thibaud Gruber zu beantworten. Der Professor an der Fakultät für Psychologie und Erziehungswissenschaften der Universität Genf fokussiert dafür aber nicht auf Menschen, sondern auf Schimpansen.

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«Wenn wir mehr über sie lernen, erfahren wir auch sehr viel mehr über uns», erklärt der Forscher. «Glaubt man nicht an eine göttliche Schöpfung, stellt sich die Frage, wie sich die Menschheit so rasend schnell entwickeln konnte im Gegensatz zu den Schimpansen und Bonobos mit denselben Vorfahren.»

Ursprünglich träumte Gruber davon, Tierarzt zu werden. Sein grosses Interesse am Verhalten von Tieren brachte ihn jedoch an die Ecole normale supérieure in Frankreich, wo er Biologie und kognitive Wissenschaften studierte. Anschliessend promovierte er in Psychologie an der schottischen University of St Andrews. In dieser Zeit begann er sich mit wild lebenden Affen zu befassen, wobei er sich speziell für die Art und Weise interessierte, wie sie Werkzeuge benutzen.

Der cleverste Weg zum Honig

So führte der Forscher mit verschiedenen Gruppen von Schimpansen das Experiment mit der Honigfalle durch. Dazu gehören ein Baumstamm mit Hohlräumen, die mit Honig gefüllt sind, und ein Stock. 

Dabei zeigte sich, dass Affen, die bereits in anderen Situationen Stöcke benutzt hatten, den Stock auch im Experiment verwendeten. Andere Gruppen hingegen, die den Stock als Werkzeug nicht kannten, machten auch im Experiment keinen Gebrauch davon. Sie benutzen ein Werkzeug, das sie normalerweise zum Wassersammeln verwenden: eine Handvoll Blätter, die sie wie einen Schwamm benutzen.

Während seiner Experimente hatten Gruber und seine Kolleginnen und Kollegen das seltene Glück, die Entstehung einer neuen Verhaltensweise in einer wilden Population zu beobachten – ein Highlight im Leben eines Biologen!

«Schimpansen nutzten normalerweise Blätter als Schwämme, um Mineralstoffe aus Wasserquellen zu holen. Als die Tiere keine Blätter mehr fanden, haben sie angefangen, Moos von den Baumstämmen als Schwämme zu benutzen», erzählt er. 

Der Wissenschaftler und sein Team entdeckten dabei, dass diese Technik in der Gruppe durch Beobachtung weitergegeben wurde. «Das war der fehlende Beweis, um diesen Tieren eine Kultur zusprechen zu können. Denn eines der Merkmale von Kultur ist soziales Lernen», erklärt er.

Von Lauten zu Emotionen

Danach erweiterte Thibaud Gruber seinen Forschungsbereich. Er interessierte sich zum Beispiel für die leisen Laute, die Affen von sich geben. Er verglich sie mit den Geräuschen, die wir Menschen machen, wenn wir uns nach einem langen Arbeitstag aufs Sofa fallen lassen. 

Die Laute der Affen wurden bisher als rein emotional angesehen – im Unterschied zu den menschlichen intentionalen Lauten. Gruber konnte aufzeigen, dass auch Affen Laute für ein bestimmtes Publikum und in einem bestimmten Kontext von sich geben.

Derzeit beschäftigt er sich im Rahmen eines vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierten Projekts mit der Rolle von Emotionen bei der Verwendung von Werkzeugen – bei Affen wie auch bei Menschen. Er möchte zum Beispiel herausfinden, ob Kinder einfacher von einer Person lernen, wenn sie eine emotionale Bindung zu ihr aufgebaut haben.

Und was ist mit den Emotionen von Tieren? Bei diesem Thema wird Gruber selbst emotional. Das Thema liegt ihm so sehr am Herzen, dass er es an der Universität Genf unterrichtet. «Es ist wichtig, den Studierenden mehr Wissen über dieses Thema zu vermitteln und vermehrt darüber zu sprechen, um die Diskussionen zum Thema Tierschutz anzuregen.» 

Der Forscher hofft ausserdem, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft den möglichen Emotionen von Tieren auf den Grund geht. Denn klar ist die Sache nicht: Manche sehen Emotionen nur im Zusammenhang mit Sprache und deshalb als eine Besonderheit von uns Menschen.

Ein Labor unter freiem Himmel

Es liegt Gruber auch sehr am Herzen, seine Experimente mit Schimpansen so oft wie möglich draussen im Feld durchzuführen, um möglichst natürliche Verhaltensweisen beobachten zu können. 

«Ein Leben in Gefangenschaft ist für sie ähnlich wie für manche von uns der Aufenthalt im Altersheim: Es fehlt an Anregungen, und Langeweile ist verbreitet. Die Tiere steigen deshalb bereitwillig auf unsere Experimente ein, was den Vergleich mit den Verhaltensweisen von wild lebenden Tieren schwierig macht.»

Seit etwa 15 Jahren reist der Forscher deshalb zweimal jährlich nach Uganda in die von ihm geleitete wissenschaftliche Station im Herzen des Bugoma Waldreservats. Dort begleitet er eine Gruppe von Schimpansen, um sie schrittweise an die Anwesenheit von Menschen zu gewöhnen und so besser studieren zu können. Diese Annäherung braucht viel Zeit, aber sie beginnt, Früchte zu tragen.

«Während meines letzten Aufenthalts haben zwei Affen fünf Meter von meinem Team und mir entfernt ihren Schlafplatz auf dem Boden gebaut und anschliessend die Nacht dort verbracht. Ein Beweis dafür, dass sie sich nicht von uns gestört fühlten», erzählt er begeistert.

Dabei freut er sich nicht nur über das Erlebnis, sondern vor allem über die Tatsache, dass er bei seinen Studien nun schneller vorankommen kann. Denn die Zeit drängt. Die wilden Affenpopulationen, die er beobachtet, sterben nach und nach aus. «Mit ihnen geht der Schlüssel zum Verständnis dessen verloren, wer wir eigentlich sind», warnt er.

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