Stress bei Korallen ist messbar

(15.08.2018) Gießener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln Methode zur Vermessung von Wachstumsveränderungen bei Steinkorallen

Tropische Korallenriffe zählen zu den artenreichsten Lebensgemeinschaften unserer Erde. Doch sie sind bedroht: Circa 20 Prozent der Riffe weltweit sind bereits zerstört und über 50 Prozent geschädigt.

Aber auch scheinbar gesunde Korallen können als Stressantwort veränderte Wachstumsraten und Wuchsformen zeigen. Entsprechende Untersuchungen gestalten sich jedoch schwierig, da Korallen oft stark verzweigt wachsen und genaue Messungen von zum Beispiel Oberfläche oder Volumen an lebenden Organismen unmöglich machen.

Die Wuchsform von Korallen ist sehr variabel.; Bildquelle: Jessica Reichert
Die Wuchsform von Korallen ist sehr variabel.

Biologinnen und Biologen der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist es nun erstmals gelungen, selbst kleinste stressbedingte Form- und Wachstumsveränderungen bei lebenden Korallen zu quantifizieren.

Die Doktorandin Jessica Reichert und ihre Co-Autoren aus der Arbeitsgruppe „Spezielle Zoologie und Biodiversitätsforschung“ (Prof. Dr. Thomas Wilke) beschreiben ihr Verfahren in der Zeitschrift „Methods in Ecology and Evolution“.

Dabei kombinieren sie die Methode des 3D-Scannens mit Analysen von so genannten fraktalen Dimensionen. Fraktale Dimensionsanalysen stellen eine besondere Form von Komplexitätsmessungen dar, mit der ein räumliches Modell durch eine oder mehrere Zahlen charakterisiert wird. Ein Vergleich dieser Zahlen ermöglicht es dann, die absolute Stärke der Stressantwort zu bestimmen.

Mit dieser neuen Methode ist es zukünftig möglich, schnell und präzise stressbedingte Veränderungen in Korallen und anderen Organismen mit irregulären Wuchsformen zu bestimmen.

Die Methode wurde im Rahmen des vom deutsch-kolumbianischen meereswissenschaftlichen Exzellenzzentrum CEMarin koordinierten Langzeitversuchs „Ocean2100“ entwickelt.

In diesem „Global Change“-Experiment werden Steinkorallen in Aquakulturen klimatischen Bedingungen ausgesetzt, die für das Ende unseres Jahrhunderts erwartet werden.

Publikation

Jessica Reichert, André R. Backes, Patrick Schubert and Thomas Wilke. The power of 3D fractal dimensions for comparative shape and structural complexity analyses of irregularly shaped organisms. Methods Ecol Evol. 2017;8:1650–1658. https://doi.org/10.1111/2041-210X.12829




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