Kieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen Emotionen von Schweinen

(09.05.2016) Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das dreijährige Forschungsvorhaben „FeelGood“ mit 215.000 Euro und übergab am 6. Mai 2016 den Zuwendungsbescheid

Die Chemie stimmt schon lange nicht mehr: Verbraucherinnen und Verbraucher kritisieren immer schärfer die Bedingungen, unter denen Schlachttiere gehalten werden, Erzeugerinnen und Erzeuger fühlen dich dagegen an den Pranger gestellt und verweisen unter anderem auf den ständigen Preisdruck.

Tierwohl ist in den letzten Jahren Gegenstand einer sehr emotional geführten öffentlichen und politischen Diskussion geworden. Um diese Diskussion zu versachlichen, ist es ein Ziel der Wissenschaft geworden, Tierwohl objektiv messbar zu machen.


Übergabe des Zuwendungsbescheides (von links): Dr. Irena Czycholl (Institut für Tierzucht und Tierhaltung), Ulf Holst (Kanzler der CAU), Dr. Maria Flachsbarth (Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL) und Prof. Joachim Krieter (Institut für Tierzucht und Tierhaltung)

Das Forschungsprojekt „FeelGood – Erfassung positiver Emotionen beim Schwein“, das im Sommer 2016 am Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) starten wird, soll dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das dreijährige Forschungsvorhaben mit 215.000 Euro und übergab am 6. Mai 2016 den Zuwendungsbescheid.

Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL sagte anlässlich der Bescheidübergabe: „Deutschland soll zum Vorreiter in Sachen Tierwohl werden. Zu diesem Zweck wurde im September 2014 die BMEL-Initiative ‚Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl‘ gestartet.

Forschung ist ein zentraler Bestandteil der Tierwohl-Initiative. Deshalb freue ich mich, heute den Startschuss für das Projekt „FeelGood“ zu geben. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes werden dabei helfen, die Beurteilung der Tiergerechtheit von Haltungssystemen weiter zu verbessern.“

„Ziel unseres Forschungsprojektes ist es, ein umfassendes Verständnis des Gemütszustandes beim Schwein zu erlangen, um im zweiten Schritt geeignete Parameter zu deren Erfassung zu identifizieren“, erklärt Professor Joachim Krieter, Institutsleiter und geschäftsführender Vorstand am Institut für Tierzucht und Tierhaltung der Christian-Albrechts-Universität.

Tierwohl umfasse, so Krieter, zum einen Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Tieres und zum anderen dessen Gemütszustand. Letzterer soll durch das Kieler Forschungsprojekt genauer untersucht werden.

Denn während für körperliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit in jüngerer Vergangenheit praktikable Parameter gefunden werden konnten, stellt die Messung des Gemütszustandes immer noch eine große Herausforderung für die Nutztierwissenschaft dar.

„Der Gemütszustand eines Tieres setzt sich zusammen aus den erlebten positiven wie negativen Emotionen. Im Sinne des Tierwohls sollten die positiven Emotionen überwiegen“, erläutert Tierärztin Dr. Irena Czycholl, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tierzucht und Tierhaltung.

Dass Tiere zumindest Basisemotionen wie Freude und Angst empfinden können, gilt als erwiesen. Diese abstrakte Ebene soll nun objektiv und wissenschaftlich korrekt dargestellt werden. Dazu wollen sich die Kieler Forschenden Methoden aus der Humanpsychologie zunutze machen. Zwar sind Befragungen und direkte Mitarbeit natürlich nur schwer auf Schweine übertragbar.

Es gibt jedoch Modellannäherungen, um latente Ebenen (d.h. Ebenen, die nicht direkt messbar sind), darstellen zu können. Diese Methoden wollen die Forscherinnen und Forscher nun nutzen, um Emotionen als latente Ebene beim Schwein zu verstehen und messbar zu machen.

Dazu sollen in zwei Haltungsumwelten zunächst diverse Verhaltensbeobachtungen durchgeführt werden. Zum Beispiel werden Tiersignale wie die Körpersprache analysiert oder die Reaktionen auf neue Gegenstände (Novel Object Test) oder Nähe zu Menschen (Human Approach Test) untersucht.

Darüber hinaus werden physiologische Parameter erhoben. Nach der Schlachtung der Tiere werden zudem die Gehirnstrukturen histopathologisch untersucht. „Es ist erwiesen, dass negative Emotionen wie Angst und anhaltender Stress zu Veränderungen wie dem Verlust von einer bestimmten Zellart im Gehirn führen“, erklärt Frau Dr. Irena Czycholl.



Weitere Meldungen

Ferkel; Bildquelle: Wolfgang Ehrecke/Pixabay

Feldstudie zur Impfung gegen Ebergeruch: Impfung verbessert Tier- und Umweltschutz in der Fleischproduktion

Die meisten für die Mast bestimmten männlichen Ferkel werden chirurgisch kastriert. Ohne diesen Eingriff kann das Fleisch einen unangenehmen Geruch entwickeln und ist dann kaum verkäuflich
Weiterlesen

Georg-August-Universität Göttingen

Virtuelle Stallbesichtigungen machen Schweinehaltung transparent

Viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich mehr Tierwohl und Transparenz in der Nutztierhaltung. In den vergangenen Jahren hat die Landwirtschaft zunehmend versucht, zum Beispiel durch Hofführungen transparenter zu werden
Weiterlesen

Wollen mehr Tierwohl im Stall realisieren - Tino Hülsenbeck (li.) von der pironex GmbH und Dr. Christian Manteuffel in der Experimentalanlage Schwein; Bildquelle: FBN

Individualisierte Aufruffütterung von Schweinen soll Stress im Stall vermeiden

In der Experimentalanlage Schwein am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummerstorf (FBN) kann bereits beobachtet werden, wie das „Fressen nach Plan“ funktioniert. Seit zwölf Jahren forschen und testen die Dummerstorfer Wissenschaftler erfolgreich Aufrufsysteme
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen