Für die Milchviehaltung ist Verbrauchernähe ein Vorteil

(19.07.2012) Aktuelle Fragen und Diskussionen über die zukünftigen Rahmenbedingungen in der Milchviehaltung standen im Zentrum der diesjährigen Konferenz der European Dairy Farmers (EDF), die Ende Juni im belgischen Hasselt stattfand.

Die 290 Teilnehmer – Milchviehalter aus Europa und der Welt sowie führende Wissenschaftler – hatten sich mit Belgien in einem dicht besiedelten Land getroffen, das sich durch kurze Wege zwischen Milchproduzenten und Verbrauchern auszeichnet.

Jean-Francois Verdenal, Präsident der European Dairy Farmers und französischer Milchbauer, betonte in seiner Eröffnung: „Besonders in Zeiten, in denen viele Verbraucher kaum etwas über die tägliche Arbeit auf einem Milchviehbetrieb wissen, ist die Entmystifizierung der Landwirtschaft wichtig.

Milchviehaltung
Milchviehaltung

Dazu haben vor allem Milcherzeuger die Chance, die in der Nähe von Verbrauchern leben und arbeiten.“ Er ermunterte die Teilnehmer, mit den Verbrauchern in einen Dialog zu treten und so die Chance zu nutzen, moderne Milcherzeugung zu erklären.

Piet Vanthemsche, Präsident des Boerenbond (belgischer Bauernverband), unterstützte die Argumentation und wies auf weitere Vorteile einer dichten Besiedelung hin: Direktvermarktungsmöglichkeiten, kürzere Transportwege oder auch Kooperationen im Bereich erneuerbarer Energien.

Schwerpunkt der agrarpolitischen Vorträge war unter anderem die künftige GAP-Reform. Hermanus Versteijlen, Direktor für Agrarmärkte der Europäischen Kommission, bestätigte, dass die Milchquotenregelung nach 2015 abgeschafft wird und berichtete von Diskussionen der EU-Kommission im Hinblick auf die GAP 2020: „Wir haben keine gute Erklärung für die Steuerzahler, warum es unterschiedliche Fördersummen pro Hektar gibt.

Deshalb müssen wir die Zahlungen über die gesamte EU angleichen.“ Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts aus Braunschweig, widersprach der Argumentationslinie der EU-Kommission: “Grüne Direktzahlungen, wie sie momentan von der Kommission vorgeschlagen werden, können nicht als ‚universelles Mittel‘ für Agrarpolitik angesehen werden.

Aber es ist zu spät, ein komplett anderes Politikkonzept für die Periode 2014-2020 auszuhandeln.“ Für die Zeit nach 2020 sollten Politiker und Wissenschaftler jedoch eine fundamentale Reform der GAP vorbereiten. Wichtige Eckpunkte könnten dabei zum Beispiel ein Auslaufen der Direktzahlungen innerhalb einer vorgegebenen Periode sein und eine Stärkung der zweiten Säule im Hinblick auf Inhalt und Finanzierung.

Wesentlich sei auch die Einrichtung einer unabhängigen Politik für ländliche Räume sowie einer unabhängigen Politik für Entwicklungshilfe. Allerdings müsse die Reform mit der Definition von Politikzielen beginnen und dann die Entwicklung adäquater Politikinstrumente zur Erreichung dieser Ziele folgen, nicht umgekehrt, betonte Isermeyer.

Am zweiten Kongresstag berichtete Steffi Wille-Sonk, die am Thünen-Institut für Betriebswirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Milchproduktion analysiert, über die aktuellen Ergebnisse des EDF-Produktionskostenvergleichs.

Für die Analysen stellten 313 europäische Milchviehhalter sowie 20 Betriebe aus Australien und Kanada ihre betriebsindividuellen Zahlen zur Verfügung. In der zuletzt analysierten Periode (2010/2011, 2011) waren die Ergebnisse der EDF-Betriebe besser als im vorangegangenen Zeitraum: Ein Drittel der Betriebe war in der Lage, die Vollkosten der Milchproduktion zu decken und daher einen positiven Unternehmergewinn zu erwirtschaften (ausgenommen entkoppelte Direktzahlungen).

Die Analyse zeigte zudem, dass Unterschiede in der Profitabilität zwischen Betrieben in den EDF-Gruppen mit einem ähnlichen Inputsystem hauptsächlich von Unterschieden in den Produktionskosten herrühren: Die 25 % profitabelsten Betriebe in den EDF-Gruppen erzielten vor allem bei den Arbeits-, Gebäude- und Maschinenkosten ein besseres Ergebnis: Es wurden weniger Arbeitsstunden pro Kuh benötigt, gleichzeitig wurde weniger Kapital pro Kuh in Gebäuden und Maschinen gebunden.

Daher scheinen die Arbeitsabläufe auf diesen Betrieben effizienter gestaltet zu sein. Der Milchpreis war nicht der Grund für die Unterschiede in der Profitabilität der Betriebe. Die 25 % profitabelsten EDF-Betriebe aus den ausgewählten EDF-Gruppen waren in der Lage, ihre Vollkosten der Milchproduktion bei einem Milchpreis von 28,4 ct/kg ECM zu decken.



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