KHV-Grundlagenforschung: mehr Klarheit aber keine Entwarnung

(31.10.2007) Ergebnisse des vom ZZF angeregten KHV-Forschungsprojektes sind alarmierend: Infektionen mit dem Koi-Herpesvirus (KHV) können bei Koi und Nutzkarpfen schwere Erkrankungen auslösen, an denen die meisten Tiere sterben.


Mit dem KHV latent infizierte Koi stellen eine Gefahr für gesunde Bestände dar
Um die weltweite Ausbreitung der Seuche zu verhindern und Möglichkeiten des Schutzes vor der Infektion zu finden, hatte die WZF GmbH, Tochtergesellschaft des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe e.V. (ZZF), auf Anregung des Verbandes ein zweijähriges KHV-Forschungsprojekt an der Tierärztlichen Hochschule Hannover und am Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Insel Riems finanziert.

Schlummerndes Gefahrenpotential

Die in Form einer Dissertation vorliegenden Ergebnisse der Untersuchung sind alarmierend: „Entgegen bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen konnte nachgewiesen werden, dass Koi, die selbst keinerlei Krankheitssymptome zeigen, bis zu vier Jahre nach ihrer Erstinfektion infektionsfähige Viren ausscheiden und gesunde Bestände anstecken können“, erklärt Willi Heidbrink, Vorsitzender der ZZF-Fachgruppe Zierfisch- und Wasserpflanzengroßhandel.

Auslöser sind meistens Stresssituationen, wie beispielsweise das Umsetzen oder Transportieren, die Anpassung an steigende Wassertemperaturen oder auch die Infektion mit Krankheitserregern.

Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass in Einzelfällen die latent infizierten Koi, so genannte Carrierfische, nicht nur gesunde Tiere anstecken, sondern nach einer Belastung sogar erneut oder erstmals erkranken können.

Die Studie liefert auch Anhaltspunkte, weshalb in einem Bestand einige Tiere erkranken und andere nicht: Infektionsversuche mit definierten Virusmengen zeigten, dass die Virusmenge, mit denen die Fische konfrontiert werden, mit entscheidet, ob eine KHV-Symptomatik ausbricht oder gar Todesfälle auftreten.

Dies lässt vermuten, dass die meisten Carrierfische nur geringe Virusmengen ausscheiden, welche virus-freie Fische zwar infizieren können, aber keine Erkrankung auslösen. Mit diesem Ergebnis steht die Zierfischbranche vor der Frage, wie überhaupt gesunde Koi erkannt werden können.

Das KHV ist nur schwer nachweisbar, weil das Genom des Virus sich nur in bestimmten bisher unbekannten Zellen einnistet und dort bis zur erneuten Infektion überdauert. Darüber hinaus ist nach wie vor unbekannt, wie viele Zellen im Gewebe von Carrierfischen das Virus tragen.

PCR ist bisher zuverlässigstes Nachweisverfahren

Beim Vergleich der verschiedenen Diagnosemethoden zeigte sich, dass die PCR (Polymerase Chain Reaktion) bisher das zuverlässigste Nachweisverfahren ist, um eine Infektion mit KHV zu erkennen: „Alle Untersuchungsmethoden benötigen eine bestimmte Mindestzahl von Viren, um diese entdecken zu können.

Bei dem PCR-Verfahren konnten wir die Grenze auf ca. 200 Viruspartikel im 25mg Gewebe reduzieren“, erklärt Prof. Dr. Dieter Steinhagen, Professor im Fachgebiet Fischkrankheiten und Fischhaltung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Allerdings hängt das Ergebnis von PCR-Reaktionen bei Proben mit geringer Viruslast ganz erheblich von den Reaktionsbedingungen ab. „Wir empfehlen deshalb unbedingt, die Methoden zu standardisieren, damit die Ergebnisse aus verschiedenen Untersuchungslabors untereinander vergleichbar werden“, so Prof. Dr. Steinhagen.

Weitere Forschungen zu Infektionsverlauf und Impfung nötig

Die von der WZF finanzierte Grundlagenforschung zum KHV-Virus erleichtert es der Tierärztlichen Hochschule Hannover, weitere Forschungsanträge zu stellen. In einer bereits laufenden zweiten Dissertation wird der Infektionsverlauf des Virus noch genauer erforscht.

Wenn bekannt würde, in welchen Geweben das Virus nach Abklingen der Krankheitssymptome nachweisbar bleibt, ließen sich diese gezielt für das PCR-Verfahren verwenden.

Ein Fortschritt ist die Erkenntnis, dass das KHV sich auch aus Wasserproben isolieren und in der PCR nachweisen lässt. In der neuen Arbeit wird untersucht, ob die von Carrierfischen im Wasser ausgeschiedenen Virusmengen ausreichen, um mit der PCR erkannt werden zu können.

Die ZZF-Studie zeigt, dass die Impfung mit abgetöteten Viruspartikeln keinen Schutz vor einer KHV-Infektion bietet. Für die Entwicklung einer sicheren Impfung werden Kenntnisse über Immunreaktionen benötigt, die es Karpfen ermöglichen, eine KHV-Infektion zu überleben. Erste Ergebnisse dazu wurden mit den Untersuchungen zur Bildung von Interferonen erzielt.

Bei Mensch und Tier ist die Bildung von Interferon eine Immunreaktion, die die Vermehrung und Ausbreitung eines Virus im Körper behindert. Koi-Zellen bilden auch Interferone, welche die Vermehrung von KHV in Koi-Zellen stark verlangsamen können.

Inwieweit die Fähigkeit zur ausreichenden Bildung von Interferonen mit entscheiden könnte, ob ein Koi an der KHV-Infektion erkrankt oder stirbt, soll noch untersucht werden.

Die Tierärztliche Hochschule Hannover hat diesbezüglich einen Forschungsantrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft gestellt. Eine weitere geplante Forschungsarbeit soll sich mit der Frage beschäftigen, ob auch andere Fischarten KHV-Carrier sind.

ZZF empfiehlt Vorsichtsmaßnahmen

Angesichts der Forschungsergebnisse warnt der ZZF den Großhandel davor, sich nur auf eine Belastungs-Quarantäne für Neuimporte zu verlassen. „Es kann sein, dass keinerlei Krankheitssymptome sichtbar werden und die Tiere trotzdem Carrier des KHV sind. Daher muss unbedingt kurz nach der Belastung ein PCR-Test gemacht werden“, mahnt Willi Heidbrink. Kopien der Analyseergebnisse sollten den Kunden mitgegeben werden. Diese können den Händler vor etwaigen Schadensersatzansprüchen schützen.

www.zzf.de

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