Aquakultur in China schädigt Seegraswiesen

(03.08.2014) Im Rahmen eines deutsch-chinesischen Kooperationsprojektes untersuchten Wissenschaftler vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) in Bremen die Auswirkung intensiver Aquakultur auf Seegraswiesen in chinesischen Küstengebieten.

Mit steigender Anzahl der Zuchtteiche stellten die Forscher eine zunehmende Schädigung der Seegräser fest. Die Wuchsdichte nahm ab, die Artenvielfalt der Gräser sank, an stark belasteten Orten war der Seegrasbewuchs ganz zurückgegangen. Die Forschungsergebnisse wurden im Marine Pollution Bulletin veröffentlicht.


Mit Kleinalgen überwucherte Seegräser, Hainan

Das Team von deutschen und chinesischen Wissenschaftlern untersuchte auf der tropischen Insel Hainan Seegraswiesen in Küstengebieten, die unterschiedlich stark mit Garnelenteichen durchsetzt waren. „Wir konnten den Weg der Abwässer aus den Zuchtteichen bis ins Zellgewebe der Seegräser einige Kilometer vor der Küste verfolgen“, so der ZMT-Projektleiter Dr. Tim Jennerjahn.

Während der beiden Expeditionen in 2008 und 2009 stellten die Forscher mit steigender Anzahl der Zuchtteiche eine zunehmende Schädigung der Seegräser fest. Die Wuchsdichte nahm ab, die Artenvielfalt der Gräser sank, an stark belasteten Orten war der Seegrasbewuchs ganz zurückgegangen.

Die Forscher fanden eine große Menge an Schwebstoffen im Meer vor der Küste: organisches Material und Sedimente aus dem Hinterland, dazu Nahrungsabfälle und Exkremente der Zuchttiere aus den Teichen. Den Seegräsern nahmen sie das lebenswichtige Sonnenlicht.

Kleinalgen, die als Epiphyten auf den Gräsern wachsen, hatten sich durch das Überangebot an Nährstoffen rapide vermehrt. „Wie ein dichter Teppich überzogen sie die Gräser und beschatteten sie“, beschreibt die Meeresökologin Dr. Lucia Herbeck vom ZMT ihre Beobachtungen.

Die Wissenschaftler konnten außerdem nachweisen, dass die Seegräser giftigen Schwefelverbindungen ausgesetzt sind, deren Bildung durch Aquakulturabfälle angekurbelt wird.

Mit einem Zuwachs von durchschnittlich 8,8% pro Jahr nimmt die Produktion von Fischen und Meeresfrüchten aus Aquakultur weltweit rasant zu, wobei China das Land mit den meisten Aquakulturanlagen ist. Für die Anlage von Zuchtteichen werden häufig Mangroven abgeholzt, welche eine wichtige Funktion als Filter von Nährstoffen, Schadstoffen und Sedimenten aus dem Hinterland haben.

Gleichzeitig werden durch die meist ungefilterten Abwässer aus den Teichen zusätzliche Nährstoffe in die Küstengewässer geleitet mit bislang unbekannten Folgen für angrenzende Küstenökosysteme.

Seegraswiesen bedecken weltweit eine Fläche von schätzungsweise 18 Millionen Hektar und spielen im globalen Kohlenstoffkreislauf eine außerordentlich wichtige Rolle als Kohlenstoffsenke. Sie dienen darüber hinaus als Kinderstube einer großen Anzahl wirtschaftlich wichtiger Fisch- und Schalentiere und sind eine Futterquelle für große Meerestiere wie Schildkröten und Seekühe.
 
Vor einigen Jahren schätzte ein internationales Autorenteam den ökonomischen Wert dieses Lebensraums auf 19.000 US Dollar pro Jahr und Hektar – mehr als doppelt so viel wie Mangroven, Korallenriffen oder dem tropischen Regenwald zugeschrieben wurde. Durch den Rückgang des Seegraswiesenbestands von jährlich 7% ist die Artenvielfalt in tropischen Küstengebieten akut bedroht.

Das ZMT wird daher seine Untersuchungen zur Reaktion der Seegraswiesen auf Umweltveränderungen in den kommenden Jahren intensivieren.

Die Forschungen waren Teil des vom ZMT geleiteten Großprojektes Land-Sea Interactions of Coastal Ecosystems in Tropical China (LANCET), welches gemeinsam mit der University of Hainan, dem Second Institute of Oceanography, der Ocean University of China, der East China Normal University, sowie der Universität Bremen und der Universität Hamburg von 2006 bis 2011 lief.

Publikation

Herbeck, LS., Sollich, M., Unger, D., Holmer, M., Jennerjahn., T.C. (2014). Impact of pond aquaculture effluents on seagrass performance in NE Hainan, tropical China. Marine Pollution Bulletin, DOI:10.1016/j.marpolbul.2014.05.050


Weitere Meldungen

Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina

Nachhaltige Aquakultur als Beitrag zur Ernährungssicherheit

Keynote und Podiumsdiskussion am 17. Oktober 2023 in der Brasilianischen Botschaft in Berlin oder via Zoom
Weiterlesen

Projekt PrAEctiC

EU-Projekt PrAEctiCe zur Aquakultur-Forschung

Adaptive integrierte Aquakultur-Forschung zur Lebensmittel- und Ernährungs-Sicherheit in Ostafrika
Weiterlesen

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)

Innovative marine Aquakultur für nachhaltige Ernährungskonzepte

Um das Forschungsfeld der marinen Aquakultur weiter voranzutreiben, verstärkt nun das Forschungsteam der GMA – Gesellschaft für Marine Aquakultur mbH
Weiterlesen

Fundamentals of Aquatic Veterinary Medicine

Fundamentals of Aquatic Veterinary Medicine

Covers the competencies necessary to assure the highest quality of aquatic veterinary services - herausgegeben von Laura Urdes,  Chris Walster und Julius Tepper
Weiterlesen

In vielen Ländern Südostasiens reihen sich entlang der Küsten über viele Kilometer die Aquakulturbecken aneinander, wie hier auf Sulawesi in Indonesien.; Bildquelle: Hauke Reuter/Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Durch Aquakultur gelangt vom Menschen produzierter Stickstoff in die Nahrungskette

Ausgedehnte Aquakulturflächen entlang der Küsten sind in Südostasien sehr verbreitet. Eine neue Studie zeigt, dass vom Menschen produzierter Stickstoff durch die Einleitung großer Mengen ungeklärter Abwässer ins angrenzende Küstenmeer gelangt
Weiterlesen

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Thomas Rachel (2.v.r.) übergibt Prof. Dr. Michael J. Schöning (2.v.l.), Leiter des Instituts für Nano- und Biotechnologien, den Förderbescheid für das Projekt 'ARENA'.; Bildquelle: FH Aachen l Sascha Halabut

ForschungsInitiative AquaticPollutants: Krankheitserreger in Seen, Flüssen und im Meer

Krankheitserreger werden immer häufiger in Seen, Flüssen und im Meer nachgewiesen. Durch die Fischzucht können diese Keime in unsere Lebensmittel gelangen
Weiterlesen

Petrischale mit Bakterien aus der Roseobacter-Gruppe. Das Wachstum auf dem Antibiotikum Chloramphenicol wird durch das natürliche 57 kb RepC_soli Plasmid pP72_e ermöglicht, welches zwischen den Bakterien über die Artgrenze hinweg ausgetausc; Bildquelle: DSMZ

Aquakultur als Motor zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen im Ozean

Forschende haben erstmals die Relevanz von Antibiotikaresistenzen in der Gruppe der marinen Roseobacter-Bakterien untersucht
Weiterlesen

1. Reifes Weibchen mit Eierschnüren. 2. Geschlechtsreifes Weibchen ohne Eierschnüre. 3. Unreife Laus. Aufgenommen im Norwegischen Aquakulturzentrum, Brønnøy, Norwegen ; Bildquelle: Thomas Bjørkan

Kampf der Lachslaus:  neues Verfahren soll Fische effektiv und schonend von den gefährlichen Parasiten befreien

Sie ist ein Alptraum für Fischzüchter, richtet Millionenschäden an und macht auch freilebenden Lachsen zunehmend zu schaffen: Auf einer Liste der berüchtigtsten Fischparasiten dürfte die Lachslaus ziemlich weit oben landen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen