VET-MAGAZIN logo
Wie Haie das Ende der Dinosaurier überstanden
NHM Wien, Iris Feichtinger
Wie Haie das Ende der Dinosaurier…
Wie Licht den Takt angibt oder Vögeln den Weg weist
Dr. Po-Hsun Wang
Wie Licht den Takt angibt oder…
Neue Hoffnung im Kampf gegen Superbakterien: Vielversprechender Antibiotikumkandidat entdeckt
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN
Insects Plus Kongress 2025 - Alternative Proteinquellen im Fokus
DIL
Insects Plus Kongress 2025 - Alternative…
Nervenfasern für Sprache beim Schimpansen entdeckt
MPI CBS
Wie Fledermausjungtiere das Singen lernen
Karin Schneeberger alias Felineora via Wikimedia Commons
Wie Fledermausjungtiere das Singen lernen
Fossile Eidechsen und Schlangen verraten Neues über das Klima im Eozän
Gunther Köhler
Erstmals Genschere bei Spinnen eingesetzt
Google Streetview
Erstmals Genschere bei Spinnen eingesetzt
Schlangen orten Beute über Vibrationswellen
Allgemein

Schlangen orten Beute über Vibrationswellen

Das Vorurteil, Schlangen seien taub, ist weit verbreitet - was wohl daran liegt, dass sie keine von außen sichtbaren Ohren haben und es nur wenig wissenschaftliche Indizien dafür gibt, dass sie hören können.

. . .

Nichtsdestotrotz haben Schlangen ein Innenohr mit einer funktionsfähigen Hörschnecke (Cochlea).

In einem aktuellen Artikel der Zeitschrift Physical Review Letters zeigen Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und des Bernstein Zentrums für Computational Neuroscience (BCCN), dass Schlangen dieses Organ nutzen können, um kleinste Vibrationen der Sandoberfläche wahrzunehmen, die durch die Bewegung von Beutetieren verursacht werden.

Ihre Ohren sind so empfindlich, dass sie die Beute nicht nur kommen "hören", sondern auch unterscheiden können, aus welcher Richtung sie sich nähert. Die Arbeit wurde von Prof. J. Leo van Hemmen und Paul Friedel, Biophysiker an der TUM und dem BCCN, zusammen mit ihrem Kollegen Bruce Young von der Washburn University in Topeka (Kansas, USA) durchgeführt.

Jede Erschütterung auf einer sandigen Oberfläche verursacht Vibrationswellen, die sich von der Quelle aus auf der Oberfläche ausbreiten - so wie Wellen in einem Teich, nachdem ein Stein hineingeworfen wurde.

Die Sandwellen breiten sich allerdings mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 Metern pro Sekunde viel schneller aus als Wasserwellen und ihre Amplitude beträgt nur wenige tausendstel Millimeter. Dennoch kann eine Schlange diese winzigen Wellen wahrnehmen. Wenn sie ihren Kopf auf den Sand legt, werden die beiden Hälften des Unterkiefers durch die eintreffende Welle in Schwingung gebracht.

Diese Schwingungen werden dann über eine Reihe von Knochen, die mit dem Unterkiefer verbunden sind, ins Innenohr übertragen. Dieser Prozess ist vergleichbar mit der Weiterleitung akustischer Signale durch die Hörknöchelchen im menschlichen Mittelohr. Die Schlange hört also im wahrsten Sinne des Wortes die Oberflächenwellen.

Säugetiere und Vögel können Geräusche orten, indem sie die zeitliche Verzögerung messen, mit der eine Schallwelle die beiden Ohren erreicht. Geräusche, die von rechts kommen, erreichen das rechte Ohr einen Bruchteil einer Sekunde früher als das linke. Für Geräusche, die von links kommen, ist das Umgekehrte der Fall. Aus dieser Zeitdifferenz berechnet das Gehirn, aus welcher Richtung ein Signal kommt.

Durch eine Kombination von Forschungsansätzen aus der Biomechanik, der Schiffsbautechnik und der Modellierung neuronaler Schaltkreise haben Friedel und seine Kollegen gezeigt, dass Schlangen mit ihrem ungewöhnlichen Hörsystem dieses Kunststück ebenfalls beherrschen.

Die linke und rechte Hälfte des Unterkiefers einer Schlange hängen nämlich nicht starr zusammen. Vielmehr sind sie durch flexible Bänder miteinander verknüpft, die es der Schlange ermöglichen, ihr Maul enorm weit zu öffnen, um auch große Beutetiere zu verschlingen.

Beide Hälften des Unterkiefers können sich so unabhängig voneinander bewegen. Legt die Schlange den Kopf auf den Boden, schaukeln sie ähnlich zwei einzelnen Boote auf einem See aus Sand und ermöglichen so das Hören in Stereo.

Eine Sandwelle, die von rechts kommt, wird die rechte Hälfte des Unterkiefers minimal früher erreichen, als die linke Seite und umgekehrt. Mit Hilfe mathematischer Modelle haben die Wissenschaftler die Bewegung des Unterkiefers in Antwort auf die eintreffende Oberflächenwelle berechnet.

Sie konnten zeigen, dass der kleine Unterschied in der Ankunftszeit einer Welle zwischen dem rechten und dem linken Ohr ausreicht, der Schlange ein Richtungshören zu ermöglichen. Die neuronale Verschaltung des Gehirns erlaubt es ihr zu berechnen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt.

Die außergewöhnliche Beweglichkeit des Unterkiefers der Schlange ist in der Evolution entstanden, weil die Fähigkeit der Schlange, auf diese Weise sehr große Beutetiere verschlingen zu können, einen großen evolutionären Vorteil bietet, wenn Futterressourcen knapp sind und die Konkurrenz hart ist.

Erst durch die Trennung der Unterkieferhälften wurde es möglich, auch diese besondere Form des Hörens hervorzubringen.

Originalveröffentlichung:
Paul Friedel, Bruce A. Young, and J. Leo van Hemmen.
Auditory localization of ground-borne vibrations in snakes
Physical Review Letters 100, 048701 (2008)
doi: 10.1103/PhysRevLett.100.048701

www.bernstein-zentren.de

. . .

weitere Meldungen

Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen lebende Amphibien wurden bei den Zulassungsverfahren für Pestizide bislang nicht berücksichtigt. Das Bild zeigt eine junge europäische Wechselkröte (Bufo viridis) in einem Weinberg in S&uum
Carsten A. Brühl, Universität Koblenz-Landau

Neuigkeiten aus der Exoten-Medizin

die neuesten internationalen Meldungen

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
(16. Mai. 2025) Grundlagen, Methoden und Praxis der tiergestützten Interventionen in…
Laser Therapy in Veterinary Medicine: Photobiomodulation
(9. Mai. 2025) A comprehensive, up-to-date reference to the clinical applications…
Manual of Clinical Procedures in Pet…
(1. Mai. 2025) Easy-to-follow step-by-step techniques for common clinical procedures in…
Esel- und Maultierkrankheiten
(22. Apr. 2025) Erstes deutsches Fachbuch zum Thema Esel- und Maultierkrankheiten…
Das stille Sterben der Natur
(17. Apr. 2025) Wie wir die Artenvielfalt und uns selbst retten…
Es war einmal das Huhn
(9. Apr. 2025) Eine Forschungsreise durch die bewegte Geschichte von Mensch…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

SIVEMAP 2025
SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…
EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt. 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
(19. Mär. 2025) Die Tiermedizin kennt keine Grenzen und FECAVA und…
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär. 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär. 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(6. Mär. 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(3. Mär. 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(7. Feb. 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…