Zwergspinnen sichern ihre Vaterschaft mit Begattungspfropfen

(10.06.2014) Zwergspinnen-Männchen verwenden Begattungspfropfe, um den Genitaltrakt der Weibchen zu blockieren, nachdem sie sich gepaart haben.

Je größer und älter der Pfropf, desto besser stehen die Chancen, dass andere Männchen keine Spermien im Weibchen mehr ablegen können. Zu diesen Forschungsergebnissen kommen Katrin Kunz und Co-Autorinnen vom Zoologischen Institut und Museum der Universität Greifswald.

Ihre Ergebnisse sind jetzt im Springer Fachjournal Behavioral Ecology and Sociobiology erschienen.


entrale Ansicht eines Oedothorax retusus Weibchens. Das rote Rechteck markiert die Genitalregion (Epigyne), die vom Männchen verpfropft wird
Keuschheitsgürtel sind keine reine Erfindung des Mittelalters. Viele Tierarten haben vergleichbare mechanische Schutzvorrichtungen entwickelt, um ihre Vaterschaft sicherzustellen.

Untersuchungen unter Leitung von Co-Autorin Prof. Dr. Gabriele Uhl hatten bereits gezeigt, dass Zwergspinnen-Männchen (Oedothorax retusus) Begattungspfropfe in den Geschlechtsöffnungen der Weibchen hinterlassen, die Wiederverpaarungen verhindern können.

Katrin Kunz und ihre Kolleginnen führten diese Forschungsergebnisse einen Schritt weiter. Sie untersuchten, in wie weit Größe und Alter der Pfropfe die Wirksamkeit des Paarungsschutzes bestimmen. Sie stellten fest, dass das Männchen das Pfropfmaterial in flüssigem Zustand ins Weibchen injiziert und dass das Material bis zu einem gewissen Grad aushärten muss, bevor es effektiv ist.

Erneute Begattungen wurden initiiert, nachdem die Weibchen bei der ersten Begattung Pfropfe unterschiedlicher Größe von den Männchen erhalten hatten. Auch wurde getestet wie langlebig die Pfropfe sind. Nach der erneuten Paarung wurden die Spinnenweibchen unter einem Rasterelektronenmikroskop genau untersucht.

Insgesamt stellten die Wissenschaftlerinnen fest, dass kleinere Pfropfe nicht so effektiv wie größere waren. Das deutet darauf hin, dass kleinere Mengen des Pfropfmaterials leichter von nachfolgenden paarungswilligen Männchen entfernt oder überwunden werden können. Kleine Pfropfe sind kurz nach ihrer Platzierung am wenigsten effektiv.

Nicht nur die Größe, sondern auch die Aushärtung des übertragenen Materials spielen folglich eine wichtige Rolle dabei, ob der Pfropf einen erneuten Penetrationsversuch oder Entfernungsversuche durch rivalisierende Männchen übersteht. Wenn die Pfropfe älter als einen Tag sind, versperren sie zuverlässig den Zugang zu den weiblichen Spermienspeicherorganen.

Die Untersuchungen zeigten, dass selbst bei erneuter Begattung durch nachfolgende Männchen ein Teil des Samens außerhalb des weiblichen Genitaltrakts verbleibt. Dies bestätigt die Wirksamkeit des Begattungspfropfes.

Entsprechend sind die Erfolgschancen sehr hoch, die Vaterschaft durch Verpfropfung sicherzustellen. Ein Männchen wird sogar Vater aller Nachkommen des Weibchens, wenn er beide Geschlechtsöffnungen des Weibchens verschließen kann.

„Der Begattungspfropf der Zwergspinne ist offensichtlich ein mechanisches Hindernis für rivalisierende Männchen“, sagt Kunz. „Begattungspfropfe sind leistungsfähige mechanische Schutzvorrichtungen, deren Wirksamkeit von ihrer Größe und ihrem Alter abhängt.“

Literatur

Kunz, K. et al (2014). Does the size and age of mating plugs alter their efficacy in protecting paternity? Behavioral Ecology and Sociobiology DOI 10.1007/s00265-014-1742-7
Der Artikel online http://link.springer.com/article/10.1007/s00265-014-1742-7



Weitere Meldungen

Fotos und Nachzeichnungen Originalfossils; Bildquelle: Jason Dunlop

Die älteste Spinne Deutschlands

In einem kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift Paläontologische Zeitschrift veröffentlichten Artikel beschrieb Dr. Jason Dunlop vom Museum für Naturkunde Berlin die älteste jemals in Deutschland entdeckte Spinne
Weiterlesen

Larven von Köcherfliegen; Bildquelle: Wikimedia Commons, Bob Henricks, Lizenz CC BY-SA 2.0


Gen zur Seidenproduktion bei Spinnen zeigt individuelle Strukturen

Wo genau im Erbgut der Tiere die Fähigkeit verankert ist, unterschiedliche Beschaffenheiten von Seide zu bilden, und wie sich diese im Detail im Laufe der Evolution entwickelt hat, ist bisher kaum erforscht
Weiterlesen

Pseudopoda virgata; Bildquelle: Peter Jäger, Senckenberg

99 Riesenkrabbenspinnen-Arten neu beschrieben

Senckenberg-Spinnenforscher Dr. Peter Jäger hat gemeinsam mit Forschern aus China 99 neue Arten beschrieben
Weiterlesen

Krabbenspinnen der Australomisidia ergandros auf ihrem Nest aus Eukalyptusblättern.; Bildquelle: Jasmin Ruch

Australische Spinne Australomisidia ergandros: Männchen kooperieren häufiger als Weibchen

Männchen der australischen Spinne Australomisidia ergandros teilen ihre erjagte Beute eher mit den anderen Mitgliedern der Verwandtschaftsgruppe als die Weibchen
Weiterlesen

Die Spinnen sind nur etwa halb so groß wie ihre Ameisen-Beute; Bildquelle: Alfonso Aceves-Aparicio

Spinne fängt gefährliche Beute mithilfe akrobatischer Jagdstrategie

Erstmalig hat ein Forschungsteam mithilfe detaillierter Verhaltensanalysen gezeigt, wie die australische Spinne Euryopis umbilicata (ant-slayer) wesentlich größere und wehrhafte Beute erlegt
Weiterlesen

Springspinne (Evarcha arcuata) nachts in der hängenden "Schlaf"-Position (an einem seidenen Faden); Bildquelle: Daniela Rößler

Können Springspinnen träumen?

Die Konstanzer Biologin Dr. Daniela Rößler und ihr Team haben bei Springspinnen einen REM-Schlaf ähnlichen Zustand
Weiterlesen

Die Wespenspinne Argiope bruennichi mit Eikokon.; Bildquelle: Gabriele Uhl

Genetische Geschlechtsbestimmung bei Spinnen

Wissenschaftler*innen der Universitäten Greifswald, Hamburg und Prag haben für die europäische Wespenspinne genetische Marker entwickelt, die es erlauben, das Geschlecht winziger Jungspinnen aufzudecken
Weiterlesen

Ein Weibchen der Wespenspinne "Argiope bruennichi" in ihrem Netz mit einem männlichen Besucher.; Bildquelle: UHH/Schneider

Partnersuche bei Spinnen: Weibchen setzen Pheromone strategisch ein

In einer Studie an der Wespenspinne „Argiope bruennichi“ haben Wissenschaftlerinnen des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg zeigen können, dass die Weibchen ihre Pheromonmenge strategisch an die Paarungssituation anpassen können
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen