Forschungsprojekt FIT BEE: Todfeind Varroa-Milbe lässt sich durch Sexual-Lockstoff verwirren

(10.04.2013) Die blutsaugende Varroa-Milbe bedroht Bienenvölker in ganz Europa. Wissenschaftler der Universität Hohenheim wollen die Fortpflanzung des Parasiten stören, indem sie mit einem Sexual-Lockstoff Verwirrung stiften.

Daneben testen die Forscher ein neuartiges Spritzverfahren für Pestizide. Damit kommen Bienen mit den Wirkstoffen kaum noch in Kontakt.

Außerdem sinken so die Rückstände im Honig. So lauten die ersten Zwischenergebnisse des bundesweiten Forschungsprojekts FIT BEE, das die Universität Hohenheim koordiniert.

Die Varroa-Milbe stellt die größte Gesundheitsgefahr für Bienen dar. Der Parasit saugt das Blut der fleißigen Insekten und überträgt dabei Krankheiten.

Der Schädling hat bundesweit sämtliche Bienenvölker befallen und bedroht das Leben unzähliger Tiere. Für die Imker stellt der Schädling nach wie vor das größte Problem dar.

Um die Naturbelassenheit der Bienenprodukte sicher zu stellen, werden biologische Bekämpfungsverfahren dringend benötigt.

Forscher der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim verfolgen daher einen neuen Ansatz, mit dem die Fortpflanzung des winzigen Spinnentiers eingedämmt werden soll.

Die Wissenschaftler haben das Sexualpheromon der Milbe identifiziert. Mit dem Lockstoff machen paarungsbereite Varroa-Weibchen die Männchen auf sich aufmerksam.

Mit dem Lockstoff stiften die Forscher Verwirrung unter den Varroa-Männchen. „Das Sexualpheromon verleitet sie, auch ältere Weibchen oder nicht geschlechtsreife Jungtiere zu begatten“, erklärt Dr. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde. „Das sind jedoch fruchtlose Aktivitäten.“

Zwar ist es den Forschern bisher nicht gelungen die Varroa-Männchen gänzlich von der Paarung mit jungen, unbegatteten Weibchen abzuhalten, aber: „Die Ablenkungstaktik verringert die Zahl erfolgreicher Paarungen“, so Dr. Rosenkranz. Die Vermehrung des Parasiten lasse sich so etwas verlangsamen.

Spezielle Düsen senken Pestizidrückstände im Honig

Pflanzenschutzmittel werden in Deutschland zwar erst zugelassen, wenn der Hersteller nachweisen kann, dass sie für Bienen ungefährlich sind. Trotzdem kann nicht immer ausgeschlossen werden, dass Kombinationen von mehreren Pestiziden die Bienengesundheit schädigen können.

Denn die fleißigen Insekten nehmen die Wirkstoffe über Pollen und Nektar auf. „So gelangen sie über Umwege auch in die Vorräte der Völker, von denen sie sich über einen längeren Zeitraum ernähren“, erklärt Dr. Rosenkranz.

Zusammen mit Agrartechnikern und den Versuchsbetrieben der Universität Hohenheim experimentieren die Forscher von der Landesanstalt für Bienenkunde daher mit einem neuartigen Spitzverfahren.

Über spezielle Düsen gelangt das Pflanzenschutzmittel nur noch in winzigen Dosen in die Blüten. „So kommen die Bienen beim Bestäuben zu 90 Prozent gar nicht mehr mit den Wirkstoffen in Kontakt“, erklärt Dr. Wallner, der Leiter dieses Teilprojektes.

Noch nicht ganz so erfolgreich sind bisher Versuche mit sogenannten Repellentien verlaufen. „Das sind Stoffe, die Bienen für ein paar Tage davon abhalten sollen, bestimmte Blüten zu bestäuben“, erklärt Dr. Wallner. In der Zeit könnten die Pflanzen das Pestizid aufnehmen. Sei das geschehen, kämen Bienen mit den Wirkstoffen gar nicht erst mehr in Kontakt.

Forschungsprojekt FIT BEE

Das bundesweite Forschungsprojekt FIT BEE sucht Ursachen und Lösungen für das regelmäßig auftretende Bienensterben. Ihre These: Ein ganzes Bündel verschiedener Einflüsse haben die fleißigen Insekten geschwächt.

Dabei verfolgen die Forscher einen sehr umfassenden und systematischen Ansatz. Deshalb sind insgesamt 14 Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen an dem Projekt beteiligt. Koordiniert wird FIT BEE von der Universität Hohenheim. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fördert FIT BEE mit 2,3 Millionen Euro. Davon fließen rund 500.000 Euro direkt an die Universität Hohenheim.

http://fitbee.net



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