Mykotoxine auf Weiden durch Klimaerwärmung

(06.08.2021) Eine soeben in der renommierten Fachzeitschrift „Toxins“ veröffentlichte Studie der Vetmeduni Vienna untersuchte, inwieweit Weiden – eine wichtige Futterquelle für die Milchproduktion – durch Schimmelpilzgifte kontaminiert sind.

Die Ergebnisse zeigen, dass diese Mykotoxine genannten Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen ein unterschätztes Risiko für Weide- und Futtertiere aber auch für den Menschen darstellen. Weitere wichtige Erkenntnis: Je höher die Umgebungstemperatur ist, umso stärker ist die Belastung mit Pilztoxinen.


Rinder auf der Weide

Weiden sind wichtige Futterquellen für Weidetiere wie Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde. Sie können jedoch mit mehreren Sekundärmetaboliten (Stoffwechselprodukte) aus Pilzen und Pflanzen mit toxischer oder endokrinschädigender Wirkung kontaminiert sein, die ein Risiko für die Gesundheit, Fortpflanzung und Leistungsfähigkeit von Weidetieren darstellen.

Das zeigt eine soeben erschienene explorative Studie der Vetmeduni Vienna, deren Ziel es war, das Vorkommen und die Konzentrationen eines breiten Spektrums von Mykotoxinen, Phytoöstrogenen und anderen sekundären Metaboliten in Weiden zu evaluieren.

Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch

Im Rahmen der Studie wurden von April bis Oktober 2019 repräsentative Weideproben von 18 österreichischen Milchviehbetrieben (eine repräsentative Probe pro Betrieb) entnommen und nach der Probenvorbereitung mittels hochauflösender Massenspektrometrie analysiert.

„Auf den von uns untersuchten Weiden konnten wir häufig Mischungen aus Mykotoxinen, neuartigen (emerging) Mykotoxinen und Phytoöstrogenen nachweisen. Aufgrund ihrer Einbindung in die Futtermittelkette, der nicht abschätzbaren toxikologischen Wechselwirkungen und der Übertragung (zum Teil) auf tierische Produkte können diese Toxinmischungen ein Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch darstellen, welches mit der Klimaerwärmung wohl zunehmen wird und verstärkt im Blickfeld der Wissenschaft bleiben muss“, so Studienleiter Qendrim Zebeli, Leiter des Instituts für Tierernährung und funktionelle Pflanzenstoffe der Vetmeduni Vienna.

Studie identifiziert 68 schädliche Stoffe in österreichischen Weiden

Mit insgesamt 68 Metaboliten wurde ein breites Spektrum an Mykotoxinen, Phytoöstrogenen und Sekundärmetaboliten nachgewiesen. Obwohl die Konzentrationen einzelner Pilzgifte und Metaboliten im Allgemeinen niedrig waren (oft weniger als 200 Mikrogramm/kg Trockenmasse), konnte die Gesamtkonzentration der Pilzmetaboliten auf einzelnen Weiden über 6.000 Mikrogramm/kg Trockenmasse erreichen.

Im Detail betrachtet unterstreichen die Daten, dass Fusarium der wichtigste Pilz auf Weiden ist. Dennoch sollte laut den WissenschafterInnen auch auf mögliche hohe Belastungen mit Mutterkornalkaloiden und Alternaria geachtet werden.

Steigende Temperaturen als wichtigster Einflussfaktor: Exponentieller Toxin-Anstieg ab einem Tagesmittelwert von 15 °C

Grundsätzlich wird die Produktion von pilzlichen und pflanzlichen Sekundärmetaboliten durch vielfältige biologische (z. B. Art, Sorte, Pflanzenalter, parasitäre und symbiotische Interaktionen) sowie geoklimatische Faktoren (Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Niederschlag, Breitengrad und Höhe) beeinflusst.

Als einflussreichster Faktor erwies sich jedoch die Umgebungstemperatur. Die Zahl der Pilzmetaboliten stieg mit steigender Temperatur linear an und Durchschnittstagestemperaturen über 15 °C lösten einen exponentiellen Anstieg der Konzentrationen von Fusarium- und Alternaria-Metaboliten und Mutterkornalkaloiden aus.

Zusammenfassend lässt sich laut Studien-Erstautor Felipe Penagos-Tabares vom Institut für Tierernährung und funktionelle Pflanzenstoffe der Vetmeduni Vienna sagen, „dass die Langzeitexposition zusammen mit dem gleichzeitigen Auftreten verschiedener Mykotoxine ein unterschätztes Risiko für Weide- und Futtertiere darstellen könnte, auch wenn die nachgewiesenen Mengen unter den EU-Richtlinien lagen.

Die von uns erhobenen Daten weisen auf einen dominanten Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Diversität und das Kontaminationsniveau von giftigen Pilzmetaboliten in Weiden hin. Der Klimawandel findet auch auf den heimischen Weiden seinen Niederschlag.“

Publikation

Der Artikel „Mycotoxins, Phytoestrogens and Other Secondary Metabolites in Austrian Pastures: Occurrences, Contamination Levels and Implications of Geo-Climatic Factors“ von Felipe Penagos-Tabares, Ratchaneewan Khiaosaard, Veronika Nagl, Johannes Faas, Timothy Jenkins, Michael Sulyok und Qendrim Zebeli wurde in „Toxins“ veröffentlicht.


Weitere Meldungen

Universität Hohenheim

Lebensmittelsicherheit und Tierwohl: Wissenschaftler wollen Pilzrückstände in Weizen reduzieren

Der Getreidepilz Fusarium gehört zu den wichtigsten Krankheitserregern im Weizenanbau. Neben Ernte- und Qualitätsverlusten führen Fusarien zu Belastungen des Getreides mit giftigen Stoffwechselprodukten (Mykotoxinen), die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden
Weiterlesen

Das neue Messgerät ermöglicht eine schnelle Analyse von Pilzgiften; Bildquelle: Milchprüfring Bayern e.V.

Neues Messgerät ermöglicht eine schnelle Analyse von Mykotoxinen

Der Biosensor Array ist ein Messgerät, das eine zuverlässige vor-Ort-Analyse von getreiderelevanten Mykotoxinen möglich macht
Weiterlesen

Friedrich-Loeffler-Institut

34. Mykotoxin-Workshop in Braunschweig

Über 200 Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft aus dem In- und Ausland tagen vom 14. bis 16. Mai 2012 auf dem 34. Workshop über Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) in der Stadthalle Braunschweig
Weiterlesen

Mycotoxin World Map; Bildquelle: Biomin

BIOMIN Mycotoxin Survey Program 2011

This comprehensive survey documents the occurrence of mycotoxins in samples taken throughout 2011 in different regions. One thing remains clear – the global prevalence of mycotoxins in a range of common feed commodities underscores the need for quality feed management strategies
Weiterlesen

IFA

Drittes Christian Doppler-Labor in Tulln eröffnet

Am 28. Februar 2011 fand die Eröffnung des Christian Doppler Labors für Mykotoxin Metabolismus mit Wirtschafts- und Technologielandesrätin Dr. Petra Bohuslav statt
Weiterlesen

Mycotoxin Research

Mycotoxin Research erscheint im Bereich Life Sciences bei Springer

Die Gesellschaft für Mykotoxinforschung e.V. geht künftig gemeinsame Wege mit Springer in der Veröffentlichung ihrer wissenschaftlichen Fachzeitschrift Mycotoxin Research. Das offizielle Fachorgan der Gesellschaft richtet sich an Wissenschaftler und Praktizierende in der Nahrungsmittelherstellung, Veterinärmedizin und Mykologie
Weiterlesen

Mehr Nahrungsmittelsicherheit bei Getreideprodukten

Erkenntnisse über Futter- und Nahrungsmittel belastende Mykotoxinen. Neue Ansatzpunkte für gezielte Züchtungsstrategien und den Einsatz der Pflanzenbiotechnologie
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen