Gepardenpopulationen aus Asien und Afrika unterscheiden sich viel stärker als vermutet

(17.01.2011) Neueste Ergebnisse eines internationalen Forschungsteams unter der Führung der Vetmeduni Vienna alarmieren Artenschützer.

Asiatischer Gepard; Bildquelle: Luke Hunter
Asiatischer Gepard
Gepardenpopulationen unterscheiden sich genetisch viel stärker voneinander als angenommen. Der winzige Restbestand der asiatischen Unterart im Iran zum Beispiel weist große genetische Unterschiede zu den Populationen in Afrika auf. Die Resultate wurden in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Molecular Ecology veröffentlicht.

Die Ergebnisse eines Forschungsprojekts von Pauline Charruau und Pamela Burger vom Institut für Populationsgenetik der Vetmeduni Vienna zeigen deutlich: Geparden aus dem Nordwesten Afrikas, dem Süden Afrikas und aus Asien unterscheiden sich genetisch viel stärker voneinander als bisher angenommen.

Eine stark reduzierte Population mit Tieren aus einer entfernten Region aufzustocken, wird damit zu einem ernsten Problem: „Die Tiere würden sich untereinander kreuzen, dabei würden die Besonderheiten in der genetischen Ausstattung verschwinden, die vermutlich Anpassungen an den jeweiligen Lebensraum und das besondere Nahrungsangebot dort sind“, erklärt Burger die schwierige Situation für den Artenschutz.

Drei große Gruppen genetisch deutlich unterscheidbar


Darstellung der Verwandtschaft asiatischer (grün), südafrikanischer (rot) und nordostafrikanischer (violett) Geparden
Noch Ende des 19. Jahrhunderts waren Geparden in Afrika und Asien weit verbreitet. Bisher ging die Forschung davon aus, dass sich die heute noch verbliebenen Bestände weltweit genetisch wenig voneinander unterscheiden. „Man vermutete, dass es vor gut zehntausend Jahren bei Geparden einen demographischen Engpass gab, bei dem sich aus einer kleinen Population der heutige weltweite Bestand entwickelte“, erklärt Populationsgenetikerin Burger.

Doch diese Annahme erwies sich nun als falsch. Burger und ihr Team fanden anhand genetischer Untersuchungen heraus, dass sich die Gepardenbestände im nordöstlichen Afrika, im südlichen Teil Afrikas und die in Asien in drei deutlich  abgrenzbare Gruppen unterteilen lassen, die sich in ihrer genetischen Ausstattung stark voneinander unterscheiden. „Wir vermuten nun, dass sich die Populationen schon vor 30.000 bis 70.000 Jahren voneinander getrennt haben“, so die Forscherin.

Weltweite Kooperation

Charruau und Burger arbeiteten bei der Untersuchung der Gepardenpopulationen mit Forschungsgruppen aus Portugal, Deutschland, den Vereinigten Staaten, dem Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten, aus Frankreich und Südafrika zusammen.

Für ihre Untersuchungen analysierten sie so genannte mitochondriale DNA und Mikrosatelliten-DNA. Neben Proben von lebenden Tieren aus Gebieten, in denen Geparden heute vorkommen, nahmen die Forschenden auch Proben von Gepardenknochen aus dem Mittelalter, die im Nordwesten des Iran gefunden wurden. Damals hielten Mogulherrscher die Tiere zu Tausenden als Jagdhelfer.

Iran startet Arterhaltungsprogramm

Die einzige noch verbleibende Population asiatischer Geparden im heutigen Iran ist akut bedroht. Weil die iranischen Geparden die letzten Vertreter der asiatischen Unterart sind und sie sich so deutlich von ihren afrikanischen Verwandten unterscheiden, stellt ihre Erhaltung für den Iran eine nationale Priorität dar.

Der Gepardenbestand im Iran wird heute auf 100 Tiere oder sogar weniger geschätzt, deshalb besteht akuter Handlungsbedarf zur Erhaltung der noch existierenden Population. Gemeinsam mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat das Iranische Department für die Umwelt ein umfassendes Arterhaltungsprogramm für die asiatischen Geparden (CACP) ins Leben gerufen.

„Dennoch, um den asiatischen Geparden zu retten, läuft uns die Zeit davon“, sagt Alireza Jourabchian, Leiter des CACP. „Wir konnten die Zahl der Geparden im Iran zwar stabilisieren, haben aber immer noch einen langen Weg vor uns, bis wir den Bestand als abgesichert bezeichnen können. Wir sind zuversichtlich, dass die neuen Forschungsergebnisse die Aufmerksamkeit noch stärker auf dieses Problem lenken werden“, ist Jourabchian überzeugt.

Der Artikel Phylogeography, genetic structure and population divergence time of cheetahs in Africa and Asia: evidence for long-term geographic isolates der Autoren P Charruau, C Fernandes, P Orozco-terWengel, J Peters, L Hunter, H Ziaie, A Jourabchian, H Jowkar, G Schaller, S Ostrowski, P Vercammen, T Grange, C Schlötterer, A Kotze, E-M Geigl, C Walzer and PA Burger wurde am 8. Jänner 2011 in der Online-Ausgabe der Zeitschrift Molecular Ecology veröffentlicht.

Der wissenschaftliche Artikel im Volltext (Englisch) online: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1365-294X.2010.04986.x/full


Weitere Meldungen

Mutter Afra, dahinter das Weibchen Malkia; Bildquelle: Daniel Zupanc

Schönbrunner Geparden-Vierlinge sind ein Jahr alt

Im Tiergarten Schönbrunn gibt es heute gleich vier Geburtstagskinder: Die Geparden-Jungtiere Sibaya, Malkia, Tuli und Paka werden ein Jahr alt
Weiterlesen

Behörden von Somaliland zerschlagen Geparden-Schmugglerring; Bildquelle: ccf

Behörden von Somaliland zerschlagen Geparden-Schmugglerring

In Somaliland hat das Ministerium für Umwelt und ländliche Entwicklung (MoERD) in Zusammenarbeit mit der Polizei zehn Personen festgenommen, die in zwei Fällen des illegalen Handels mit Wildtieren verdächtigt werden
Weiterlesen

Gepard; Bildquelle: Ad Meskens, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68621350

Jung gepaart? Dann klappt’s auch mit dem Geparden-Nachwuchs

Raubkatzenexperten in vielen Zoos der Welt sind ratlos. Mit dem Geparden-Nachwuchs will es trotz aller Bemühungen oft nicht funktionieren
Weiterlesen

Geparden; Bildquelle: Leibniz-IZW/Gepardenprojekt

Langzeitstudie zum Raumnutzungsverhalten von Geparden

Berliner ForscherInnen des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) haben das Raumnutzungsverhalten von Geparden aufgeklärt
Weiterlesen

Gepard auf einem Foto aus einer Kamerafalle; Bildquelle: CCF

Interessierte Bürger können helfen, Fotos von Kamerafallen in Namibia auszuwerten

Gepardenschützer starten mit „Cheetahs of Central Namibia“ ein Citizen Science Projekt
Weiterlesen

Eine Neubewertung der Gepardenpopulationen im südlichen Afrika enthüllt die kritische Lage dieser Großkatze; Bildquelle: Portas R., Leibniz-IZW

Eine Neubewertung der Gepardenpopulationen im südlichen Afrika enthüllt die kritische Lage dieser Großkatze

Internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass die derzeitige Populationsschätzung von Geparden im südlichen Afrika veraltet ist
Weiterlesen

Wissenschaft

Universitäten

Neuerscheinungen