Drohnen und Vogelschutz – ein zweischneidiges Schwert

(12.04.2023) Eine aktuelle internationale Studie unter Leitung des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni untersuchte die Auswirkungen von Drohnenflügen zu Forschungszwecken bei Geiern.

Die Forscher:innen kommen zum Schluss, dass unbemannte Flugsysteme deutliche Vorteile gegenüber anderen Untersuchungsmethoden bieten. Andererseits bestehen Risiken durch potenzielle Störeffekte am Brutplatz der Greifvögel.

Vetmeduni Vienna

Die Wissenschafter:innen empfehlen deshalb den Einsatz von Drohnen mit Augenmaß.

Geier zählen weltweit zu den am stärksten bedrohten Vogelarten und spielen am Ende der Nahrungskette eine einzigartige Rolle innerhalb von Ökosystemen. Für die Wissenschaft sind sie deshalb von großem Interesse.

Besonders der Einsatz von Drohnen entwickelt sich in ihrer Erforschung rasant. Gründe sind der technologische Fortschritt, die Erschwinglichkeit und die einfache Zugänglichkeit. Allerdings gibt es eine Reihe von Faktoren, die beim Einsatz der unbemannten Flugsysteme zu beachten sind, um insbesondere die sensible Phase der Fortpflanzung der Vögel nicht zu stören.

Gefährliche Wissenslücke dringend schließen

„Die verringerte Störung von Wildtieren ist das Hauptargument für den Einsatz moderner Beobachtungs- und Fototechniken mit Drohnen. Die große Unbekannte sind aber die Reaktionen der Tiere und das Potenzial für langfristige negative Folgen. Um diese gefährliche Lücke zu schließen, empfehlen wir dringend, den Einsatz von Drohnen bei Tieren in Gefangenschaft und in freier Wildbahn zu dokumentieren.

Außerdem brauchen wir einheitliche Richtlinien zum Drohneneinsatz, um Störungen und Vogelreaktionen wissenschaftlich eindeutig zu interpretieren“, fasst Studien-Erstautor Richard Zink vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni die wesentlichsten Ergebnisse zusammen.

Sicher ist sicher: Dosierter Einsatz von Drohnen ratsam

Richard Zink plädiert außerdem für einen dosierten Einsatz von Drohnen: „Aufgrund fehlender Daten zu langfristigen Störeffekten treten wir für das Vorsorgeprinzip ein.

Durch Beachtung einer Reihe von artspezifischen Empfehlungen lassen sich die potenziellen negativen Auswirkungen von Drohnen begrenzen und ihr Wert für das Naturschutzmanagement maximieren.

Insbesondere sollten die physiologischen und langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit und den Fortpflanzungserfolg von Geiern Berücksichtigung finden.“

Konkrete Empfehlungen an die internationale Scientific Community

Vor allem die hohe Empfindlichkeit und das territoriale Verhalten der meisten Geierarten stellen laut den Wissenschafter:innen erhebliche Herausforderungen an den Einsatz von Drohnen. Generell raten die Expert:innen vom regelmäßigen Einsatz von Drohnen für Nestkontrollen während der empfindlichsten Brutphasen sowie bei schlechtem Wetter ab oder wenn potenzielle Fressfeinde der Küken in der Nähe sind.

„Wir fordern kein Verbot des Einsatzes von unbemannten Luftfahrzeugen für die Geierforscher, treten aber ausdrücklich für eine sorgfältige Prüfung der Umstände und eine sorgfältige Dokumentation der Auswirkungen ein“, betont Richard Zink, der für die Studie gemeinsam mit seinen Co-Autor:innen die aktuelle wissenschaftliche Forschung zu den Reaktionen europäischer Geier und anderer vergleichbarer Arten auf Drohnen analysierte.

Publikation

Der Artikel „Assessing the potential disturbance effects on the use of Unmanned Aircraft Systems (UASs) for European vultures research: a review and conservation recommendations“ von Richard Zink, Elena Kmetova-Biro, Stefan Agnezy, Ivaylo Klisurov und Antoni Margalida wurde in „Bird Conservation International“ veröffentlicht.


Weitere Meldungen

Rehe zählen mit Drohnen; Bildquelle: Gerd Herrmann/piclease

Rehe zählen mit Drohnen

Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert neues Verfahren mit Wärmebildkameras
Weiterlesen

Kameradrohne; Bildquelle: IGC JKU

Drohne statt Fernglas: Vogelzählung 4.0

Eine neue Kameradrohne in Kombination mit dem an der Johannes Kepler Universität Linz entwickelten Messverfahren „Airborne Optical Sectioning“ (AOS) „seziert“ den Wald virtuell, um Vögel und Nester zu identifizieren
Weiterlesen

Schweizerischer Nationalfonds SNF

Drohnen zählen Tiere in Afrika

In Zusammenarbeit mit einem Naturschutzgebiet in Namibia entwickeln vom SNF unterstützte Forschende einen neuen Weg, um Tiere zu zählen: eine Kombination aus Drohnenüberflügen und automatischer Bildanalyse
Weiterlesen

Zusammengesetztes Bild eines beschädigten Maisfelds. In Rot dargestellt sind die von einem Algorithmus erkannten Schäden.; Bildquelle: Anneleen Rutten

Mit Drohnen Wildschweinschäden schätzen

In den letzten Jahrzehnten richteten ständig wachsende Populationen von Wildschweinen immer größere landwirtschaftliche Schäden an
Weiterlesen

Drohnen bewegen sich im Luftraum und damit dort, wo Vögel bisher weitgehend ungestört waren; Bildquelle: Marcel Burkardt

Wie Vögel auf Drohnen reagieren

Welchen Einfluss haben Drohnen auf Vögel und andere Wildtiere? Eine Studie der Schweizerischen Vogelwarte Sempach liefert Antworten
Weiterlesen

Starten der Drohne im Riff vor Moorea; Bildquelle: Alessio Rovere, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Drohnen im Einsatz für die Korallenriffforschung

Drohnen werden im zivilen Bereich bisher häufig für Film- und Fotoaufnahmen verwendet. Der Einsatz dieser unbemannten Fluggeräte für Forschungszwecke steckt jedoch noch in den Anfängen
Weiterlesen

Die Jenaer Masterstudentin Marie-Charlott Rümmler bringt ein künstliches Ei, das mit einem Mikrofon ausgestattet ist, in einem Pinguinnest unter.; Bildquelle: Hans-Ulrich Peter/FSU

Mit Drohnen Pinguine zählen

Ökologen der Universität Jena erforschen Auswirkungen des Klimawandels in der Antarktis
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen