1,5 Millionen Wale, Delphine und Schweinswale im europäischen Atlantik

(03.05.2017) Internationale Forschergruppe führt Erhebung durch: Die Bestände sind stabil.

Für das Projekt „SCANS-III – Verbreitung und Populationsgröße von Walen im europäischen Atlantik“ zählte eine internationale Forschergruppe im Sommer 2016 Wale, Delphine und Schweinswale im europäischen Atlantik, um eine Aussage über die Größe der Populationen und die Verbreitung der Tiere treffen zu können. Insgesamt ermittelten sie etwa 1,5 Millionen Tiere.


Zählung aus dem Flugzeug

Für SCANS-III arbeiteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der folgenden an den europäischen Atlantik angrenzenden Länder zusammen: Großbritannien, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien, Schweden und Deutschland.

Das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) beteiligte sich an dem Projekt mit der Koordination, Durchführung und Datenanalyse der Flugzählungen.

Die Koordination des Gesamtprojekts lag bei Professor Philipp Hammond und Claire Lacey der University of St Andrews in Schottland. Das Bundesamt für Naturschutz finanzierte den deutschen Anteil von SCANS-III.

Das 1,8 Millionen Quadratkilometer große Untersuchungsgebiet von SCANS-III erstreckt sich von der Straße von Gibraltar bis zum südlichen Vestfjord in Norwegen. Die Forscher waren für das Projekt mit drei Schiffen und sieben Flugzeugen im Einsatz. Sie suchten 60.000 Kilometer zuvor festgelegte Routen nach Walen ab.

Dabei beobachteten sie tausende Walgruppen, die zu 19 verschiedenen Arten gehörten. Anhand dieser repräsentativen Stichprobe errechneten die Forscher die Zahl der Tiere.

Nach erfolgreicher Datenanalyse wurden die folgenden Populationsgrößen geschätzt: Die am häufigsten vorkommenden Arten im europäischen Atlantik waren Schweinswale (467.000 Tiere), Gewöhnliche Delphine (468.000) und Streifendelphine (372.000) – hinzukommen 158.000 weitere Tieren, die nicht sicher zugeordnet werden konnten und als „entweder Gewöhnliche Delphine oder Streifendelphine“ identifiziert wurden.

Außerdem ermittelten die Forscher 28.000 Große Tümmler, 36.000 Weißschnauzendelphine und 16.000 Weißseitendelphine. Die Erfassung tieftauchender Arten, die sich vor allem von Tintenfisch in Offshore-Gebieten ernähren, ergab 26.000 Pilotwale, 14.000 Pottwale und 11.000 Tiere verschiedener Schnabelwalarten.

Für die Gruppe der Bartenwale, die ihre Nahrung aus dem Wasser filtern, wurden 15.000 Zwergwale und 18.000 Finnwale ermittelt.

SCANS-III war die dritte Erhebung einer Serie, die 1994 (SCANS) begann und 2005 (SCANS-II) weitergeführt wurde. Ein statistischer Vergleich der drei Erhebungen zeigte, dass die Bestände der drei Arten Schweinswal, Weißschnauzendelphin und Zwergwal seit 1994, also über einen Untersuchungszeitraum von 22 Jahren, stabil sind.

Die Ergebnisse aus SCANS-II im Jahr 2005 ergaben eine Verschiebung des Verbreitungsschwerpunktes des Schweinswals vom Nordwesten in die südliche Nordsee. Die aktuellen Erhebungen bestätigten diese Beobachtungen.

Die Ergebnisse der Zählungen werden im Quality Status Report der OSPAR-Kommission, die sich für den Schutz der Nordsee und des Nordatlantiks einsetzt, und für die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) genutzt.

Zudem ermöglichen es die Ergebnisse, Beifänge sowie weitere anthropogene Einflüsse auf Walpopulationen in ein internationales Verhältnis zu stellen und die Anforderungen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union und des Abkommens „Agreement on the Conservation of Small Cetaceans in the Baltic, Northeast Atlantic, Irish and North Seas (ASCOBANS)“ zu erfüllen.

Die Kooperationspartner

  • Professor Philip Hammond, Claire Lacey, Koordination – Sea Mammal Research Unit, University of St Andrews, Großbritannien
  • Dr. Jonas Teilmann – Department of Bioscience, Aarhus University, Dänemark
  • Professor Vincent Ridoux – University of La Rochelle, Frankreich
  • Dr. Meike Scheidat – Wageningen Marine Research, Niederlande
  • Dr. Nils Øien – Institute of Marine Research, Norwegen
  • Dr. José Vingada – Sociedade Portuguesa de Vida Selvagem, Portugal
  • Dr. Begoña Santos – Instituto Español de Oceanografía, Centro Oceanográfico de Vigo, Spanien
  • Dr. Patrik Börjesson – Swedish University of Agricultural Sciences, Schweden
  • Dr. Kelly Macleod – Joint Nature Conservation Committee, Großbritannien
  • Dr. Anita Gilles, Dr. Helena Herr - Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der TiHo




Weitere Meldungen

Schweinswal-Gruben-Hypothese; Bildquelle: chneider von Deimling, Hoffmann, Geersen et al. (2023), Commun Earth Environ

Rätselhafte Gruben im Ozean: Interdisziplinärer Ansatz führt zur Schweinswal-Gruben-Hypothese

Der Meeresboden in der Nordsee ist übersät mit Tausenden von kraterartigen Vertiefungen im Sediment, den so genannten Pockmarks. Weltweit gibt es vermutlich Millionen von ihnen
Weiterlesen

Observer im Flugzeug; Bildquelle: Nino Pierantonio

Aktuelle Zählungen: 1,4 Millionen Wale, Delfine und Schweinswale im europäischen Atlantik

Ein internationales Forschungsteam stellte Ergebnisse des bisher umfangreichsten Projekts zu Populationsgrößen und zur Verteilung von Kleinwalen in der Nordsee, Ostsee und angrenzenden Gewässern des europäischen Atlantiks vor
Weiterlesen

TiHo

Zahnwale verwenden unterschiedliche Stimmlagen

Delfine, Schwertwal und Pottwale und andere Zahnwale jagen, kommunizieren und orientieren sich mit Hilfe ihrer Stimme
Weiterlesen

Flugzeug für die Zählflüge; Bildquelle: ITAW/Anita Gilles

Internationale Walzählung gestartet

Die TiHo koordiniert die vierte internationale Kampagne zur Erfassung von Schweinswalen, Delfinen und Walen
Weiterlesen

Toter Schweinswal; Bildquelle: ITAW TiHo

Schweinswale durch Munitionssprengungen verletzt

Untersuchungen an 24 toten Schweinswalen aus der Ostsee zeigen bei zehn Tieren, dass Unterwasserexplosionen durch ungeschützte Sprengung von Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg für Verletzungen sorgten
Weiterlesen

Eine Kegelrobbe frisst einen Artgenossen; Bildquelle: Abbo van Neer

Kegelrobben fressen Seehunde, Schweinswale – und ihre Artgenossen

TiHo-Forschende untersuchten über sechs Jahre das Jagd- und Fressverhalten von Kegelrobben
Weiterlesen

Gruppenfoto der beiden deutschen Flugteams und der Piloten vor dem ersten Flug am Husumer Flughafen; Bildquelle: TiHo

Internationales Forscherteam zählt Schweinswale aus der Luft

Wissenschaftler des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) haben gemeinsam mit dem Institut für Biowissenschaften der Universität Aarhus in Dänemark und dem schwedischen Naturkundemuseum Stockholm in Schweden, Beobachtungsflüge durchgeführt
Weiterlesen

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Symposium zur Gesundheit von Meeressäugern

Über vier Jahre untersuchte ein internationales Forscherteam an Museumspräparaten und aktuellen Proben, wie sich der Gesundheitszustand mariner Säugetiere über die vergangenen Jahrzehnte veränderte
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen