Sind Futtermittel aus gentechnisch verändertem Mais gesundheitlich unbedenklich?

(06.09.2014) Unter der Leitung von Professor Dr. Pablo Steinberg, Institut für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytik der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), führen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Fütterungsstudien mit zwei gentechnisch veränderten Maissorten durch.

Eines der vorrangigen Ziele ist, herauszufinden, inwieweit Langzeitfütterungsstudien geeignet sind, um die mögliche Toxizität von gentechnisch veränderten Pflanzen zu erkennen. Die EU fördert das Projekt im 7. Forschungsrahmenprogramm mit rund 3 Millionen Euro.

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Das EU-Recht besagt, dass gentechnisch veränderte Organismen vor ihrer Marktzulassung auf ihre Unbedenklichkeit für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt geprüft werden müssen.

Die hierfür erforderliche, sehr umfangreiche Erhebung von Daten erfolgt auf der Grundlage von Richtlinien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und rechtlichen Vorschriften der Europäischen Kommission.

In Bezug auf die Sicherheit von Lebens- und Futtermitteln, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt werden, fordert der Gesetzgeber neben detaillierten molekularen Analysen und umfangreichen Untersuchungen der Inhaltsstoffe, dass die mögliche Toxizität der gentechnisch veränderten Pflanzen in einer 90 Tage dauernden Fütterungsstudie untersucht werden muss.

„Viele Toxikologen bezweifeln, dass eine Studie über 90 Tage ausreicht, um toxische Effekte in Fütterungsstudien mit ganzen Pflanzen zu beobachten, von einer möglichen krebserregenden Wirkung ganz zu schweigen“, so Steinberg.

Die Dauer der Fütterungsstudie richtet sich nach der jeweiligen Toxizitätsprüfung: Eine einmalige Gabe gibt beispielsweise Auskunft über die akute Toxizität der getesteten Substanz und mit einer Zwei-Jahres-Studie kann das krebserregende Potenzial beurteilt werden.

In dem Projekt „GMP Two Year Safety Testing“ (G-TwYST) untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Auftrag der EU-Kommission die gentechnisch veränderten Maissorten NK603 und MON810.

Das europäische Kooperationsprojekt beinhaltet unterschiedlich lange Fütterungsstudien, bei denen der Mais in verschiedenen Konzentrationen an Ratten verfüttert wird. Die gentechnisch veränderte Maissorte NK603 wird in einer 90-Tage- sowie in einer kombinierten Ein- und Zwei-Jahres-Fütterungsstudie getestet.

Im Fall der gentechnisch veränderten Maissorte MON810 untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das mögliche krebserregende Potenzial in einer Zwei-Jahres-Studie und ergänzen somit das Projekt GRACE (GMO Risk Assessment and Communication of Evidence), in dem die kürzer dauernden Studien mit MON810 unter der Leitung des Julius Kühn-Institutes durchgeführt werden.

GRACE startete bereits im Juli 2012 und wird voraussichtlich im Februar 2016 abgeschlossen werden. Das Projekt wird ebenfalls von der EU im 7. Forschungsrahmenprogramm gefördert.

NK603 ist durch eine Genveränderung tolerant gegenüber dem Breitbandherbizid Glyphosat. Das bedeutet, dass das zur Unkrautregulierung angewendete Unkrautbekämpfungsmittel zwar das störende Unkraut vernichtet, der Maispflanze aber nichts anhaben kann.

Bei MON810 handelt es sich um einen sogenannten Bt-Mais. Bacillus thuringiensis (Bt) ist ein Bodenbakterium, das ein für Fraßinsekten giftiges Protein bildet. Bacillus thuringiensis-Präparate eignen sich für die Bekämpfung vieler Schadinsektenarten, ohne den Menschen zu gefährden.

Deshalb sind sie auch im ökologischen Landbau zugelassen. Mit Hilfe gentechnischer Verfahren ist die genetische Information für das Bt-Protein in das Genom der Maissorte MON810 übertragen worden. Diese produziert nun den für Fraßinsekten giftigen Wirkstoff und ist somit vor den Schädlingen geschützt.

Neben der TiHo sind an dem Projekt „GMP Two Year Safety Testing“ (G-TwYST) folgende Institutionen beteiligt:

  • Centre for Research in Agricultural Genomics, Spanien
  • Stichting Dienst Landbouwkundig Onderzoek, Wageningen University and Research Centre, Niederlande
  • Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Deutschland
  • LIS Consult, Niederlande
  • Roger Alison Ltd., Lampeter, England
  • Slovak Medical University, Slowakei
  • Universität Klagenfurt, Biotechnology Research Unit, Österreich



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