Schweizer Bundesrat lehnt Massentierhaltungsinitiative ab und beschliesst Gegenentwurf

(20.05.2021) Der Bundesrat lehnt die Eidgenössische Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» (Massentierhaltungsinitiative) ab und stellt ihr einen direkten Gegenentwurf gegenüber.

Darin schlägt er vor, das Wohlergehen für Tiere in der Verfassung zu verankern und auf alle Tiere auszuweiten. Er lehnt die Initiative unter anderem deshalb ab, weil das Tierschutzrecht Massentierhaltung im Sinne der Initiative bereits heute verbietet. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 19. Mai 2021 die Botschaft zuhanden des Parlaments verabschiedet.

Schweizer Bundesrat Die Initiative hat zum Ziel, dass der Bund die Würde der Tiere in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in die Verfassung aufnimmt und Massentierhaltung verbietet. Der Bund soll Kriterien für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, den Zugang ins Freie, die Schlachtung und die maximale Gruppengrösse je Stall festlegen.

Weiter verlangt die Initiative, dass der Bund für die Einfuhr von Tieren und tierischen Produkten zu Ernährungszwecken Vorschriften erlässt, die dem neuen Verfassungsartikel entsprechen. All diese Vorschriften sollen grundsätzlich mindestens denjenigen der Bio-Suisse-Richtlinien 2018 entsprechen. Übergangsfristen von bis zu 25 Jahren sollen möglich sein.

Der Bundesrat lehnt die Initiative ab

Dem Bundesrat ist das Wohlergehen der Tiere ein wichtiges Anliegen. Er lehnt die Initiative jedoch ab, weil das Tierschutzrecht Massentierhaltung heute schon verbietet. Die Gesetzgebung schützt das Wohlergehen der einzelnen Tiere unabhängig von der Anzahl Tiere.

Eine Beschränkung der Grösse der Tierhaltungen bringt keine unmittelbare Verbesserung des Tierwohls. Zudem hat die Schweiz bereits aufgrund der Struktur der Landwirtschaftsbetriebe und der Gesetzgebung im internationalen Vergleich sehr kleine Tierbestände.

Der Bundesrat spricht sich auch dagegen aus, den privaten Standard der Bio-Suisse-Richtlinien in der Verfassung zu verankern. Diese spezifischen Richtlinien aus dem Jahr 2018 wären überholt, wenn sie nach Ablauf der Übergangsfrist von 25 Jahren ihre Wirkung entfalten würden.

Zudem bestehen zahlreiche weitere private und staatliche Bio-Standards, die weiterentwickelt werden. So unterstützt der Bund bereits heute «besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme» (BTS) und den regelmässigen Auslauf ins Freie (RAUS) mit Beiträgen.

Die geforderte Importregelung wäre mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz nicht vereinbar und mit aufwendigen und teuren Kontrollen verbunden. Schliesslich könnte die Umsetzung der Initiative auch Mehrkosten für die Landwirtschaft und die Konsumentinnen verursachen.

Der Gegenentwurf fordert das Wohlergehen für alle Tiere

Der Bundesrat will in einem direkten Gegenentwurf das Anliegen der Initiative aufnehmen. Dazu sollen Kriterien für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, für regelmässigen Auslauf und eine schonende Schlachtung in der Verfassung aufgenommen werden. Schweine sollen zwingend einen eingestreuten Liegebereich haben.

Grundsätzlich sollen alle Nutztiere regelmässigen Auslauf haben. Die Tiere gewinnen so an Lebensqualität, werden widerstandsfähiger gegen Krankheiten und brauchen weniger Medikamente wie Antibiotika. Bei der Schlachtung sollen Schmerzen, Leid und Angst mit allen möglichen und zumutbaren Mitteln vermieden werden.

Der Bundesrat anerkennt, dass die Landwirtinnen und Landwirte heute schon bestrebt sind, das Tierwohl zu fördern. Mit verschärften Minimalanforderungen für alle Nutztiere kann das Tierwohl in der landwirtschaftlichen Tierhaltung weiter verbessert werden.

Der Bundesrat will, im Unterschied zur Initiative, den Schutz des Wohlergehens als allgemeiner Grundsatz für alle Tiere in die Verfassung aufnehmen. Damit geht er über die Initiative hinaus. Diese bezieht sich ausschliesslich auf Tiere in der landwirtschaftlichen Tierhaltung.   

Positive Vernehmlassung und kritische Stimmen

Die Mehrheit der eingegangenen Stellungnahmen in der Vernehmlassung spricht sich für den direkten Gegenentwurf aus, darunter 17 Kantone. Verschiedentlich wird verlangt, dass der Wortlaut des direkten Gegenentwurfs konkretisiert wird (z.B. die Begriffe «tierfreundliche Unterbringung» und «regelmässigen Auslauf»).

Gegen die Initiative und den direkten Gegenentwurf wird vorgebracht, die geltenden Bestimmungen seien streng genug. Zudem sei die angestrebte Umstellung für die Landwirtinnen und Landwirte mit hohen Kosten verbunden.




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