Gemeinsame Grundsätze der Verbände zur Grossraubtierpolitik
(09.05.2012) Die vier Verbände JagdSchweiz, Pro Natura, Schweizerischer Schafzuchtverband und WWF Schweiz haben sich auf gemeinsame Grundsätze, Ziele und Handlungsfelder in der Grossraubtierpolitik geeinigt. Sie verpflichten sich zu einer lösungsorientierten Zusammenarbeit.
Wenn Grossraubtiere in ihren natürlichen Lebensraum zurückkehren, führte das oft zu Konflikten, die nicht selten im Gerichtssaal endeten und zu unüberbrückbaren Differenzen führten.
Auch in der Schweiz sind viele Jahre mit Auseinandersetzungen der Naturschutzund Nutzerverbände verstrichen. Ende 2010 wurde auf Initiative von JagdSchweiz, Pro Natura, Schweizerischem Schafzuchtverband und WWF Schweiz ein Prozess in Gang gebracht mit dem Ziel, künftig gemeinsam von allen Seiten konstruktive Lösungen anzustreben.
Die Gespräche zwischen den vier Verbänden wurden vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) moderiert und vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und der KORA (Koordinierte Forschungsprojekte zur Erhaltung und zum Management der Grossraubtiere in der Schweiz) begleitet.
Lösungs- statt konfliktorientiert
In langwierigen, aber konstruktiv geführten Verhandlungsrunden wurde ein gemeinsames Grundsatzpapier erarbeitet, das nun von allen Organisationen verabschiedet worden ist.
Es beinhaltet vier Grundsätze, vier Ziele und sechs Handlungsfelder. Alle Verbände betrachten die Rückkehr und die Bestandesbildung der Grossraubtiere auf Schweizer Territorium als natürlichen Prozess.
Ebenso werden Regulationsabschüsse nicht mehr ausgeschlossen, wenn dadurch deren Bestand in der Schweiz nicht gefährdet wird. Bei Schäden an Nutztieren können die Schaden stiftenden Einzeltiere weiterhin gemäss den gültigen Konzepten abgeschossen werden. Zentraler Pfeiler für die weitere Strategie ist die Weiterentwicklung des Schutzes von Nutztierherden mit geeigneten und zumutbaren Massnahmen.
Die beteiligten Interessengruppen vereinbaren eine konstruktive Zusammenarbeit. Bei Konflikten um die Grossraubtiere, die Nutztierhaltung und die jagdliche Nutzung von Wildtieren sind sie bereit, nach Kompromissen und gemeinsam getragenen Lösungen zu suchen. Das schafft unterschiedliche Sichtweisen und Interessen nicht aus der Welt.
Aber es verlagert die Lösung von Konflikten vom medialen oder gerichtlichen Schlagabtausch an den Sitzungstisch oder die gemeinsame Feldbegehung. In den Augen der beteiligten Verbände wird hiermit ein wichtiger Paradigmenwechsel erreicht.
Statements der Verbandsvertreter/innen während des Verhandlungsprozesses
«Das gemeinsame Papier wird uns in Zukunft helfen, Konflikte konstruktiv anzugehen. Züchter und Halter sind bereit, unter Berücksichtigung der regionalen Verhältnisse zumutbare Massnahmen zum Schutz der Herden zu ergreifen, um ein Nebeneinander von Grossraubtieren und einer nachhaltigen Nutztierhaltung zu ermöglichen», sagt German Schmutz, Präsident Schweizerischer Schafzuchtverband.
«Die vereinbarten Grundsätze fordern von allen viel Kompromissbereitschaft: Doch an einem Tisch oder im Feld miteinander reden und nach Lösungen suchen bringt dem Wolf mehr als Gerichtsverhandlungen», sagt Mirjam Ballmer, Projektleiterin Naturschutzpolitik bei Pro Natura.
«Luchs und Wolf sind in unserer einheimischen Tierwelt heute wieder präsent wie Reh, Hirsch und Gämse. Eine nachhaltige Jagd ist auch mit der Anwesenheit von Grossraubtieren möglich», sagt Peter Zenklusen, Vizepräsident von JagdSchweiz.
«Herdenschutz ist das A und O um Konflikte mit Grossraubtieren zu vermindern, funktioniert aber nicht in allen Situationen.
Wir sind bereit, regional und lokal abgestimmte Lösungen mitzutragen, auch wenn die Verbreitung von Wölfen damit weiterhin langsamer voranschreitet, als wir uns dies wünschen», sagt Kurt Eichenberger vom WWF.